70, 80 oder 90 Cent? Briefporto wird wohl teurer als erwartet

Bonn · Bis zu 90 Cent könnte ein Standardbrief in Deutschland künftig kosten. Im Vergleich zu anderen Ländern ist das noch günstig.

 Noch kostet der Standardbrief 70 Cent. Doch schon bald soll das Porto für diese Briefe deutlich teurer werden.

Noch kostet der Standardbrief 70 Cent. Doch schon bald soll das Porto für diese Briefe deutlich teurer werden.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Wer Briefe verschickt, wird sich ab Sommer auf ein höheres Porto einstellen müssen. Das Bundeswirtschaftsministerium will eine Verordnung ändern, auf deren Basis die Post das Briefporto deutlich stärker anheben könnte als bisher. Eine entsprechende Gesetzesänderung sei auf den Weg gebracht worden, sagte gestern ein Ministeriumssprecher. Ein Sprecher der Post begrüßte das Vorhaben der Regierung.

Branchenkreisen zufolge könnte das Porto für einen Standardbrief von aktuell 70 Cent auf 85 bis 90 Cent steigen. Der Ministeriumssprecher sagte aber: „Wir gehen nicht davon aus, dass die Post für den Standardbrief 90 Cent für das Porto erheben wird.“ Der vorerst letzte Preissprung Anfang 2016 lag nur bei acht Cent.

Der genaue Wert für das neue Porto ist noch unklar – es geht nun um einen größeren Preisspielraum für alle regulierten Postprodukte zusammen, also auch für Postkarte oder Auslandsbrief. Nach der Rechtsänderung entscheidet die Bundesnetzagentur über einen neuen Preisrahmen. Danach beantragt die Post unter anderem das Porto für den Standardbrief, was die Netzagentur noch freigeben soll. Vermutlich ab Juli gilt das neue Porto. Damit steigt es später als geplant – bisher sollten die Briefmarken im April teurer werden.

Wegen der Digitalisierung sinkt die Briefmenge seit Jahren. Um profitabel wirtschaften zu können, pocht das ehemalige Staatsunternehmen angesichts seiner relativ konstanten Kosten auf eine satte Erhöhung. Von 2015 bis 2017 sank die Zahl der Briefsendungen der Deutschen Post um 0,9 Milliarden auf 18,4 Milliarden. 2014 waren es noch 20,5 Milliarden.

Im europäischen Vergleich ist Porto in Deutschland eher billig. Kostet ein Standardbrief hierzulande 70 Cent, sind es nach Post-Angaben im europäischen Mittel 94 Cent. Negativ-Spitzenreiter ist Dänemark mit umgerechnet 3,88 Euro, am billigsten ist es auf Malta (26 Cent). Auch in den Flächenstaaten Frankreich (1,02 Euro) und Italien (2,80 Euro) kostet ein Standardbrief mehr als hierzulande.

So ist es naheliegend, dass die Deutsche Post ein höheres Porto einfordert. Mitte Januar bekam der Bonner Konzern aber zunächst einen Dämpfer von der Bundesnetzagentur. Die Behörde gewährte der Post nur einen eher geringen Erhöhungsspielraum von 4,8 Prozent für alle regulierten Produkte zusammen. Damit hätte der Standardbrief wohl maximal auf 80 Cent steigen können, und die anderen Briefsorten hätten etwa gleich teuer bleiben müssen. Der Post war das zu wenig. Nun bekommt sie Rückenwind aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Ein Sprecher der Bundesnetzagentur sagte nur knapp: „Wir sind informiert über die Pläne, die Verordnung anzupassen.“ Die Netzagentur ist dem Ministerium unterstellt.

Knifflig ist die Art und Weise, wie der größere Preisspielraum errechnet wird. Denn bei dessen Ermittlung wird der Vergleich zu anderen europäischen Postgesellschaften herangezogen – an deren Profitabilität orientiert sich dann auch die Umsatzrendite, die die Deutsche Post im Briefgeschäft einfahren darf. Hintergrund hierzu: Der Konzern soll unter seinen gesetzlichen Pflichten nicht so stark ächzen, dass er beim Briefgeschäft in die roten Zahlen rutscht. Zu seinen Pflichten gehört die werktägliche Briefzustellung in der Fläche, also auch am Nordsee-Deich oder im Schwarzwald.

Klaus Gettwart vom Deutschen Verband für Post, Informationstechnologie und Telekommunikation hält die geplante Porto-Erhöhung für „völlig unangemessen“. Schon gar vor dem Hintergrund, dass die Qualität der Briefzustellung abnehme und es mehr Beschwerden gebe.

(dpa)
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