Berufliche Ausbildung Lernen, wie Deutschland tickt

Saarbrücken · Die Arbeitskammer setzt sich mit Partnern für die Ausbildung junger Spanier ein.

 Laura Díaz   Camacho

Laura Díaz Camacho

Foto: Lothar Warscheid

Laura Díaz Camacho (24) aus Cádiz in Andalusien lernt in Saarbrücken derzeit den Beruf der Bürokauffrau. Sie ist im zweiten Ausbildungsjahr und froh, dass sie diese Entscheidung, in einem fremden Land neu anzufangen, für sich getroffen hat. Beschäftigt ist sie bei der Saarbrücker Werbefirma Fabry, „wo man mir auch als Lehrling viel Verantwortung überträgt“. Dieses selbstständige Arbeiten „macht mir große Freude“, erzählt sie.  Camacho ist eine von rund 50 jungen Spaniern, die derzeit eine Ausbildung im Saarland absolvieren.  Sie sind über das Programm Mobi-Pro-EU, das vom Bundesarbeitsministerium und der Bundesagentur für Arbeit (BA) gefördert wird, nach Deutschland gekommen, um hier eine Lehre zu machen.

Zu den Förderern zählt jetzt auch die Arbeitskammer (AK) des Saarlandes. Sie hat sich vorgenommen, die spanischen Azubis zu betreuen und sie über Rechte und Pflichten deutscher Arbeitnehmer gezielt zu informieren. Ein entsprechendes Kooperationsabkommen unterzeichneten gestern AK-Hauptgeschäftsführer Thomas Otto und Ricardo Fernández Fidalgo von der spanischen Botschaft. „Topthemen bei den Jugendlichen sind unter anderem Fragen zum Urlaub und zur Arbeitszeit, aber auch, welchen Stellenwert die Abschlüsse in Spanien haben, die sie in Deutschland erwerben“, sagte Otto. Zudem wolle die Arbeitskammer einen Beitrag leisten, um den Facharbeiter-Mangel im Saarland abzumildern.  Bei der Auftaktveranstaltung wurden sie gestern über die Besonderheiten der deutschen Arbeitswelt informiert. Dazu hat die AK ihr Azubi-Lexikon „Wissen, was Sache ist“ ins Spanische übersetzt und es den jungen Leuten an die Hand gegeben. Dort werden in kurzen Texten – aufgelockert durch Comics – Begriffe wie Jugendarbeitsschutzgesetz oder die Rolle der Jugend- und Auszubildendenvertretung erklärt.

Die Rekrutierung der jungen Spanier haben Organisationen wie das Christliche Jugenddorf (CJD) in Homburg oder das Minipreneure-Zentrum in Saarbrücken übernommen. Das CJD hat sich auf Andalusien und Mallorca fokussiert. „Wir schalten vor Ort Anzeigen, um die passenden Jugendlichen zu finden“, erläutert CJD-Pädagogin Sarah Stark. Sind die Frauen und Männer gefunden, – sie sollten einen mittleren Bildungsabschluss haben – besuchen sie in ihrer Heimat deutsche Sprachkurse. Diese enden mit dem Zertifikat B1 (selbstständige Verwendung der deutschen Sprache). „Einige können schon ein Studium vorweisen“, sagt Dunja Schneider, die beim Minipreneure-Zentrum das Projekt Mobi-Pro-EU betreut. „Durch die schwierige Arbeitsmarktlage in Spanien finden sie in ihrer Heimat oft keine Arbeit.“ Auch ihr Schützling Laura Díaz Camacho hat bereits ein Studium als Tourismus-Managerin absolviert.

Einen ähnlichen Lebenslauf hat Sergio Facchi Oliva (22) aus Mallorca vorzuweisen. Der junge Mann ergriff während des Studiums in Spanien die Chance, in Deutschland eine Ausbildung zu beginnen. Derzeit erlernt er den Beruf des Fachinformatikers beim BFD Buchholz-Fachinformationsdienst in Bexbach. Oliva, der schon im dritten Lehrjahr ist, will später in Deutschland Produktdesign studieren .Auch Camacho will in Deutschland bleiben.

Organisationen wie das CJD oder das Minipreneure-Zentrum werben nicht nur die jungen Leute in Spanien an. Sie suchen für sie auch einen Ausbildungsplatz mitsamt dem vorgeschalteten Praktikum und organisieren die Vorstellungsgespräche. „Wir betreuen sie außerdem, wenn sie im Land sind“, sagt Sarah Stark. Das reiche von den Behördengängen über die Wohnungssuche „bis hin zum Zahnarztbesuch“. Außerdem unternehmen sie Ausflüge beispielsweise nach Köln oder Frankfurt – „einfach, um Land und Leute kennenzulernen“.

Die Berufe, die die jungen Spanier erlernen, umfassen ein breites Spektrum, auch wenn die Bereiche Hotellerie, Gastronomie und Paketdienste den Schwerpunkt bilden. „Einer meiner Schützlinge lernt beispielsweise Mechatroniker im Fachbereich Milchtechnologie“, erzählt Dunja Schneider.

 Sergio Facchi Oliva

Sergio Facchi Oliva

Foto: Lothar Warscheid

Eine Sorge treibt alle um. Das Projekt Mobi-Pro-EU läuft im Jahr 2020 aus. „Eine Fortsetzung wäre sehr sinnvoll“, so die einhellige Meinung der Beteiligten. „Es bietet nicht nur jungen Spaniern gute Chancen und verkleinert ein wenig die Facharbeiter-Lücke in Deutschland“, sagen sie. „Es fördert auch das Zusammenwachsen Europas.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort