Neuer Präsident Stabwechsel bei der Landwirtschaftskammer

Bexbach · Richard Schreiner hat nach 15 Jahren sein Amt als Kammerpräsident weitergegeben. Auf seinen Nachfolger warten auch brisante Themen.

 Der neue Präsident der Landwirtschaftskammer Saarland, Franz-Josef Eberl (rechts) gemeinsam mit seinem Vorgänger, Altpräsident Richard Schreiner.

Der neue Präsident der Landwirtschaftskammer Saarland, Franz-Josef Eberl (rechts) gemeinsam mit seinem Vorgänger, Altpräsident Richard Schreiner.

Foto: Rich Serra

Wenn es um das Thema „Tierwohl“ geht, hat Franz-Josef Eberl aus Hassel eine klare Meinung: „Die Moral endet am Regal“, sagt er. Tierwohl ist eines der Themen, mit denen sich Eberl in den kommenden Jahren beschäftigen muss. Vor knapp vier Wochen ist er von der Vollversammlung in Eppelborn zum neuen Präsidenten der Landwirtschaftskammer des Saarlandes gewählt worden. Der bisherige Präsident, Richard Schreiner, hat sich nach 15 Jahren nicht mehr zur Wahl gestellt.

Eberl, der einen Hof in Hassel bewirtschaftet, ist zumindest im Saarland ein Unikum. Denn anders als die meisten Bauern im Saarland hält er auf seinem Hof in Hassel neben einigen Milchkühen auch noch 600 Mastschweine. Und das, wie er sagt, eben auch nach Tierwohl-Bedingungen. „Wir haben mehr Platz als in anderen Ställen, Tageslicht, frische Luft und Außenklima“, sagt er. Doch die Schwierigkeit bei der Tierwohl-Diskussion sieht er bei den Käufern. Erst kürzlich hatte eine Studie gezeigt, dass Käufer in Umfragen zwar sagen, dass sie das teurere Fleisch artgerecht gehaltener Tiere kaufen würden, beim Kauf dann aber doch nach der billigen Massenware greifen.

Wenn Käufer aber nicht bereit seien, für Schweine- und anderes Fleisch deutlich mehr Geld auszugeben, werde sich auch die Haltung nicht merklich verbessern. „Bauern sind wirtschaftende Betriebe, die sich finanzieren müssen.“ 40 Cent mehr pro Kilo Schweinefleisch müssten Bauern beispielsweise bekommen, damit sich die aufwendigere Haltung rechnet.

Bei den Themen, mit denen sich der neue Kammerpräsident auseinandersetzen muss, schließt er sich nahtlos an die Arbeit seines Vorgängers an. Sei es bei der Frage um den Umgang mit dem Pflanzengift Glyphosat, dem Zubau erneuerbarer Energien auf Ackerflächen oder der Umwandlung bisherigen Grünlandes in Blumenwiesen. Vieles davon hat auch den Alt-Präsidenten Schreiner beschäftigt, der nach 15-jähriger Amtszeit nicht weiter kandidieren wollte: „15 Jahre sind einfach genug“, sagt er.

Schreiner, der einen Hof in Breitfurt bei Blieskastel hat, hatte gleich bei seinem Amtsantritt eine bewegte Zeit als Präsident. Denn damals war die Kammer noch weit größer als heute: Sie war nach ihrem Umzug von Saarbrücken nach Lebach Gesamtverwaltungsbehörde für die Agrarwirtschaft und damit Anlaufpunkt sowohl für Gartenbau als auch für Landwirtschaft. In dieser Zeit war auch die Kontrolle der einheitlichen EU-Agrarpolitik (Invekos) Aufgabe der Kammer. „Und dann hat das Umweltministerium beschlossen, all diese Aufgaben wieder ins Ministerium zurückzugliedern“, sagt Schreiner. Für die Kammer eine plötzliche Halbierung des Mitarbeiterstammes. „Damit stellte sich gleich zu Beginn meiner Amtszeit die Frage nach der Existenzgrundlage der Kammer.“ Heute beschäftigt die Kammer mit neuem Sitz in Lebach noch 34 Mitarbeiter.

Dass die Kammer wichtig ist, daran lassen Schreiner und Eberl keinen Zweifel. Nicht nur wegen des Ausbildungsauftrags im Bereich Landwirtschaft und Gartenbau, wegen zahlreicher Prüftätigkeiten im Agrarbereich, wegen der Beratung der Landwirte. Auch politisch müssten die Landwirte mitreden. Das gelte für die Frage der künftigen Flächenbewirtschaftung, wenn es immer weniger Milchwirtschaft gibt, ebenso wie bei der Beschränkung von Photovoltaikanlagen auf Ackerflächen.

Die Zukunft der saarländischen Landwirtschaft ist ein Hauptanliegen des scheidenden Präsidenten: „Wir müssen schon schauen, wie viel Landwirtschaft wir am Ende noch haben wollen“, sagt Schreiner. Täglich, so sagt er, gingen in Deutschland 70 Hektar landwirtschaftliche Fläche verloren. „In drei Tagen wäre mein Hof weg“, sagt Schreiner. Und Eberl ergänzt: „Alle Nahrungsmittel, die nicht bei uns angebaut werden, müssen woanders entstehen. Und im Zweifelsfall wird dafür dann Regenwald abgeholzt.“

Wichtig sei, die digitale Entwicklung auch in der Landwirtschaft voranzutreiben, sagen die beiden. Denn infolge der Diskussion um Glyphosat werde es auch einen Umbruch im Pflanzenschutz geben. „Glyphosat wird wohl vom Markt genommen“, sagt Schreiner. „Das Problem ist aber, dass im Windschatten von Glyphosat viele weitere wichtige Pflanzenschutzmittel ihre Genehmigung verlieren werden.“ Ein Problem für die Landwirtschaft, wie er sagt. Um so größere Bedeutung komme dem mechanischen Pflanzenschutz zu. „Denkbar ist, dass dann ein Hackroboter per GPS-Steuerung über das Feld fährt und einzelne Unkrautpflanzen mechanisch bekämpft“, sagt Eberl. Das sei allerdings noch Zukunftsmusik, auch weil der Preis für erste Geräte noch viel zu hoch sei.

Zu einem ganz aktuellen Thema, der Wiederansiedlung des Wolfs in Deutschland, haben beide eine klare Meinung: „Wenn die Gesellschaft wünscht, dass Wölfe hier wieder heimisch werden, muss sie auch für die Schäden geradestehen“, sagt Eberl. Beide fordern ganz klar, dass der Wolf auch ins Jagdrecht aufgenommen wird: „Wenn ein Tier, das in der Nahrungskette oben steht und das keine natürlichen Feinde mehr hat, nicht bejagt wird, wird der Bestand schnell überhandnehmen“, sagt Schreiner. Und die steigende Zahl an frei laufenden Wölfen werde letztlich dazu führen, dass die Freilandhaltung zurückgehen werde, weil die Bauern die Schäden auf Dauer nicht tragen würden. Besonders kritisch sehen sie die Gefahr, die von möglichen Mischlingen aus Wolf und Hund ausgeht: „Bei denen verbindet sich dann der Jagdtrieb mit der fehlenden Scheu vor Menschen“, warnt Schreiner.

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