Autoindustrie Dobrindt wegen Autokartell-Skandal unter Druck

Berlin/Brüssel · Bei den Kartell-Vorwürfen gegen deutsche Autobauer hofft Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt auf mögliche Erkenntnisse der EU-Kommission. Er habe bei EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager per Brief angefragt, welche Art von Informationen sie in Zusammenhang mit dem geplanten „Diesel-Gipfel“ mitteilen könne, sagte der CSU-Politikergestern in Berlin.

Unterdesssen soll EU-Vizekommissionschef Jyrki Katainen die übrigen EU-Kommissare bei ihrem Treffen heute zum Stand des Abgasskandals auf den neuesten Stand bringen. Entsprechende Informationen des „Handelsblatts“ bestätigte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Deren Chef Jean-Claude Juncker hatte Katainen diese Woche zum Koordinator bestimmt. Er soll nach dem Wirbel um ein mutmaßliches Kartell deutscher Autobauer dafür sorgen, dass die Abteilungen Wettbewerb, Verbraucherschutz und Industrie im Kontakt bleiben.

Zugleich mehren sich aus Politik und Gewerkschaft die Forderungen nach mehr Offenheit der Autobauer, die bislang zu den Vorwürfen schweigen. Bei dem „Diesel-Gipfel“ will die Bundesregierung mit mehreren Ländern und Autobauern Wege finden, um einen geringeren Schadstoffausstoß zu erreichen. Dabei geht es auch darum, Modelle der Emissionsklassen Euro 5 und 6 mit neuer Software nachzurüsten. Dobrindt sagte, dass er sich zuvor auch beim Bundeskartellamt wegen der Vorwürfe erkundigt habe. Über die Art dort vorliegender Informationen sei er aber nicht unterrichtet worden.

Der „Spiegel“ hatte über ein womöglich seit vielen Jahren bestehendes mutmaßliches Kartell berichtet, in dem sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen. VW-Konzernchef Matthias Müller sagte der „Heilbronner Stimme“: „Zum aktuellen Sachverhalt kann ich nur sagen, dass wir uns zu Spekulationen und Sachverhaltsvermutungen, die auf der Grundlage der öffentlichen Berichterstattung beruhen, nicht äußern.“ Man arbeite aber kooperativ mit den Behörden zusammen.

Die Opposition griff Dobrindt erneut scharf an. Der CSU-Politiker sei „ein Risikofaktor“ für Arbeitsplätze in der Autobranche und müsse „schnellstens seiner Aufgaben entbunden werden“, sagte Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der „Passauer Neuen Presse“. Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens kritisierte: „Das Kartell der Automobilindustrie ist offensichtlich. Und der Verkehrsminister will wieder einmal nichts davon geahnt haben.“ Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert, befürchtet wegen der Kartellvorwürfe einen Imageschaden für die deutsche Wirtschaft. „Das Qualitäts-Label „Made in Germany“ könnte Schaden nehmen“, sagte der SPD-Politiker. Jetzt seien auch die Aufsichtsräte der Konzerne in der Pflicht.

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