Auto Autoindustrie kann Diesel-Updates absetzen

Berlin · () Die deutsche Autoindustrie kann die Kosten für die Software-Updates bei Millionen Diesel­autos von der Steuer absetzen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken hervor. „Die den Herstellern entstehenden Kosten sind bilanzrechtlich Betriebsausgaben der Unternehmen“, antwortete Wirtschafts-Staatssekretär Rainer Baake. Informationen zur Höhe der entstehenden Kosten habe die Bundesregierung nicht.

 Nach dem Diesel-Skandal sollen in Deutschland mehrere Millionen Autos eine neue Motor-Software erhalten.

Nach dem Diesel-Skandal sollen in Deutschland mehrere Millionen Autos eine neue Motor-Software erhalten.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Zuvor hatte die „Süddeutsche Zeitung“ darüber berichtet. Die Hersteller können somit ihren Gewinn um die Kosten für die über fünf Millionen Software-Nachrüstungen mindern. Allein bei Updatekosten von 100 bis 200 Euro je Fahrzeug ließe sich der Gewinn branchenweit um bis zu eine Milliarde Euro mindern und ein dreistelliger Millionenbetrag an Steuern sparen, schrieb die Zeitung. Auch die „Umweltprämien“ der Branche beim Kauf neuer Diesel-Fahrzeuge – und damit Rabatte – gelten nach Angaben aus Regierungskreisen als absetzbar.

Damit dürften die Verursacher die Folgen der Abgas-Affäre steuerlich
geltend machen, nicht aber die Betroffenen. Unternehmen oder Privatpersonen können eine mögliche Wertminderung ihrer Fahrzeuge nicht absetzen. Das hatte die Regierung nach Beginn der Affäre im Fall VW klar gestellt. Die Opposition kritisiert das Vorgehen heftig. Die Autokäufer blieben auf ihrem Schaden sitzen und mit ihren Steuern werde die Autoindustrie alimentiert, sagte Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens.

Beim Dieselgipfel von Bund, Ländern und Autobranche Anfang August hatten die deutschen Hersteller neue Abgas-Software für zusätzliche 2,8 Millionen Wagen zugesagt. Bei 2,5 Millionen VW-Dieseln ist dies amtlich angeordnet. Viele Experten halten dies nicht für ausreichend, um drohende Fahrverbote in vielen Städten wegen der hohen Stickoxid-Belastung zu verhindern. So waren Forderungen auch nach Umbauten an den Fahrzeugen aufgekommen.

Der Karlsruher Motorenbau-Professor Thomas Koch allerdings hält eine Hardware-Nachrüstung alter Diesel für unsinnig. Bei Nachrüst­lösungen „kann man die Uhr danach stellen, bis sich in der Flotte Systemausfälle einstellen würden“, sagte Koch. Sicherheitsrelevante Teile, das elektrische Bordnetz, Partikelfilter und vieles mehr seien betroffen. Den Stickoxid-Ausstoß durch Nachrüst-SCR-Katalysatoren mit Harnstofftanks zu senken, mache die Autos schlechter und sei keine seriöse Lösung.

Laut ADAC könnten in ein Dutzend Modellreihen mit Euro-5- Dieselmotoren nachträglich Euro-6-SCR-Katalysatoren eingebaut werden, weil der erforderliche Bauraum vorhanden sei. Der Leiter des ADAC-Technikzentrums Landshut, Reinhard Kolke, hatte der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt: „Diese Abgasreinigungssysteme liegen also im Ersatzteilregal, sind zugelassen und können verbaut werden, weil sie auf die Automodelle angepasst wurden.“

Koch sprach von „Bastellösungen“. „Da gibt es an 100 Ecken und Enden Fragen“, sagte der Professor, der das Institut für Kolbenmaschinen am Karlsruher KIT leitet. Kolkes Aussage spiegle die Komplexität des Themas nicht ansatzweise wider.

Die Autoindustrie lehnt nachträgliche Umbauten wegen des technischen und wirtschaftlichen Aufwands ab und bietet stattdessen Umtauschprämien für alte Dieselautos sowie Software-Updates an, die den Stickoxid-Ausstoß um 25 Prozent senken sollen.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort