Ford-Europa-Betriebsrat fordert schlankeres Management Scharfe Kritik am Ford-Management

Köln · Ford-Europa-Betriebsratschef Martin Hennig wirft der Unternehmensspitze vor, wichtige Trends verschlafen zu haben.

 Der neue Focus ist das Aushängeschild des  Werks Saarlouis. Was nach dem Jahr 2024 an der Saar produziert wird, ist noch ungewiss.

Der neue Focus ist das Aushängeschild des Werks Saarlouis. Was nach dem Jahr 2024 an der Saar produziert wird, ist noch ungewiss.

Foto: dpa/Oliver Dietze

Nach der Bekanntgabe der Sanierungspläne bei Ford Europa hat der Betriebsrat das Management scharf kritisiert. Die Firma habe Entwicklungen wie den Trend zum Geländewagen (SUV) verschlafen und auch wegen einer schlechten internen Struktur zu spät Entscheidungen getroffen, sagte der Betriebsratschef des Ford-Europaablegers, Martin Hennig, der Deutschen Presse-Agentur. „Es werden viel zu viele Berichte geschrieben oder Meetings abgehalten, die gar nicht nötig sind.“ Das koste Arbeitszeit und sei ein Bremsklotz für die Firma. Die Arbeitsstruktur im Management müsse schlanker und effizienter werden. „Viele Köche verderben den Brei“, so Hennig.

Ford Europa hat rund 50 000 Mitarbeiter, knapp die Hälfte davon in Deutschland. Die Zentrale liegt in Köln mit 18 000 Beschäftigten, zudem gibt es ein Werk in Saarlouis mit rund 6000 Mitarbeitern. Weitere Standorte sind im spanischen Valencia und in Craiova (Rumänien).

In Saarlouis stellt Ford Europa den Mittelklasse-Pkw Focus und den Kompakt-Van C-Max her. Die Produktion von letzterem will die Geschäftsführung im Sommer auslaufen lassen. Das hieße, dass 1200 Arbeitsplätze wegfielen. Da nach Hennigs Worten die Verträge von 600 Leiharbeitern ohnehin bis zum Sommer auslaufen, würde dann die Stammbelegschaft mit 600 Jobs betroffen sein.
Es sei nichts entschieden, die Gespräche zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite zu Saarlouis liefen noch. Hennig zeigte aber grundsätzlich Verständnis für das geplante Aus für den C-Max. „Das Marktsegment Kompakt-Van schrumpft. Wir sind fast die einzigen, die so ein Fahrzeug noch herstellen.“ Die ohnehin schon geringe Stückzahl sinke, daher machten weitere Investitionen für eine Neuauflage des Fahrzeugs keinen Sinn.

Die US-Tochter ist unter Druck, 2018 wurde ein Verlust eingefahren. Unlängst verkündete das Ford-Management einen harten Umbau seines Europageschäfts, „eine beträchtliche Anzahl“ der Arbeitsstellen soll abgebaut werden. Wie viele genau, soll nach Gesprächen mit dem Betriebsrat im Sommer bekanntgegeben werden.

Schätzungen zum Job-Abbau in Köln und Saarlouis wollte Hennig zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht machen. Er betonte, dass der Umbau, das „Redesign“, generell wichtig sei. „Wir müssen uns anders aufstellen für die aktuelle Situation.“ Er verdeutlichte aber, dass Personalkosten nur zwölf Prozent der Herstellkosten eines Ford-Autos ausmachten. „Wichtiger ist es, dass man an die 88 Prozent ran geht.“

So seien die Einkaufskosten von Ford Europa zu hoch. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die US-Mutter bessere Konditionen von globalen Zulieferern bekomme als die europäische Tochter. „Ford baut in den USA den Sportwagen Mustang mit mehr Technik und einem größeren Motor viel günstiger als wir in Europa den Mondeo fertigen  und erzielt damit noch eine höhere Gewinnmarge“, sagte Hennig. Das sei unfair gegenüber der europäischen Tochter.

Generell zeigt sich der 59-jährige Betriebsratschef vorsichtig optimistisch zur Zukunft der Europatochter von Ford. „Wir haben die Chance, jetzt in Europa ein gesundes Geschäft aufzubauen.“ Er ist zuversichtlich, dass besagte Investitionsversprechen erfüllt werden. Was aber wird, wenn diese Zusagen nicht eintreffen sollten? Der US-Rivale General Motors (GM) verkaufte seine angeschlagene Europatochter Opel bereits im Jahr 2017 an den französischen Konzern PSA (Peugeot). Könnte womöglich auch Ford Europa verkauft werden? Das sei schon deshalb ausgeschlossen, meint Hennig, weil man ja, im Gegensatz zu Opel, keine Marke verkaufen könne.

Zudem werde die US-Mutter sicherlich nicht -– wie im Falle von GM und Opel – finanzielle Altlasten übernehmen und Pensionen von Mitarbeitern weiter zahlen. „Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir schaffen die Wende und werden profitabel, oder wir werden sukzessive dichtgemacht.“ Die Belegschaft werde alles unternehmen, um die Firma voranzubringen – nun müsse auch das Management liefern.

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