Wird das Saarland von der DB AG abgehängt? Saar-Abgeordnete auf Bahn schlecht zu sprechen

Saarbrücken · Vertreter aller Landtagsfraktionen sind sich einig, dass das bundeseigene Unternehmen das Saarland abgehängt hat.

Das Saarland bekommt von der Bahn nur noch die roten Rücklichter zu sehen. Die Auffassung vertreten zumindest einige Saar-Politiker.

Das Saarland bekommt von der Bahn nur noch die roten Rücklichter zu sehen. Die Auffassung vertreten zumindest einige Saar-Politiker.

Foto: dpa/Matthias Balk

Im Saar-Landtag sind viele Fraktionen nicht mehr gut zu sprechen auf die Deutsche Bahn AG. Vor allem nach dem SZ-Bericht, dass die DB-Tochter DB Regio Mitte den Konzernbevollmächtigten Jürgen Konz aus Saarbrücken an den Hauptsitz von DB Regio Mitte in Mannheim abziehen will. Das hatte der Vertreter der Gewerkschaft Eisenbahn und Verkehr (EVG), Ralf Damde, der SZ mitgeteilt.

„Der DB-Konzern hat uns nicht enttäuscht, weil er uns nicht mehr enttäuschen kann“, sagte SPD-Fraktionsvize Eugen Roth. Seit „Mehdorn und allem, was da abgezogen wurde, auch von dessen Nachfolgern, sind solche Volten leider nicht einmalig“, erklärte Roth mit Bezug auf den ehemaligen DB-Chef Hartmut Mehdorn. Die Kommunikation seitens der Deutschen Bahn bezeichnete er als „unterirdisch“. Es habe im Saarland bereits einige regionale „Bahn-Gipfel“ gegeben. Da habe man mit den jeweiligen Bahn-Chefs Kaffee getrunken. Aber man habe sich später auf deren Zusagen leider nicht mehr verlassen können. „Der (Ex-Bahnchef Rüdiger) Grube hat das Blaue vom Himmel versprochen, aber danach war das nichts mehr wert“, erklärte Roth, der auch Vizechef des DGB Bezirks Rheinland-Pfalz/Saarland ist. Jetzt seien die mächtigen Saar-Politiker in Berlin gefordert, die den „Transmissions-Riemen“ spielen müssten, um zu verhindern, dass das Saarland abgehängt werde. „Wir sind genauso betroffen wie Mecklenburg-Vorpommern“, sagte Roth. Das Saarland müsse sich verstärkt mit den Bundesländern am Rande zusammentun, um die Entscheidungen der DB-Zentrale in Berlin kontern zu können. „Leider gibt es die Bundesbahn nicht mehr“, sagte Roth. Für die DB AG seien die „Provinzen“ zweitrangig. Roth schlug einen grenzüberschreitenden Verkehrsverbund für die Großregion Saar-Lor-Lux vor. „Dann sind wir ein anderer Player als nur das Saarland alleine“, betonte der Sozialdemokrat.

Bernd Wegner (CDU-Fraktionsvize) erklärte, dass die CDU-Fraktion bei der DB protestieren würde, wenn der Konzernbevollmächtigte DB Regio Mitte aus Saarbrücken abgezogen würde. Jedoch habe Saar-Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) der Fraktion versichert, dass der Konzernbevollmächtigte weiter für das Saarland zuständig bliebe. Das habe Hans bei einem Gespräch mit DB-Managern erfahren. Wichtig sei jedoch, dass die Verbindung nach Paris und Frankfurt über Saarbrücken weiter gut aufgestellt sei. Wegner erklärte, dass zudem eine durchgehende Zugverbindung nach München notwendig sei.

Linksfraktionschef Oskar Lafontaine erklärte, dass es ein „unglaublicher Vorgang“ und ein „Skandal“ sei, wenn die drei wichtigen Saar-Politiker in Berlin, CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer, SPD-Außenminister Heiko Maas und CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier nichts für den Bahnstandort Saarland unternähmen. „Früher hätte ein Anruf des Finanzministers genügt“, sagte Lafontaine in Anspielung auf seine Tätigkeit als Bundesfinanzminister in der ersten Schröder-Regierung (1998/99). Die Deutsche Bahn gehöre der Bundesrepublik und sei für die öffentliche Daseinsvorsorge zuständig. Die DB-Philosophie, Millionengewinne erzielen zu wollen, gehe in die falsche Richtung. Die CDU/SPD-Landesregierung setze zudem frühere Verbesserungen im Schienenverkehr „leichtfertig aufs Spiel“.

AfD-Fraktionschef Josef Dörr sprach in Zusammenhang mit der Verlegung des Sitzes des DB-Regio-Bevollmächtigten von Saarbrücken nach Mannheim von einer sehr, sehr langen Entwicklung. „Wir sind abgehängt“, stellte Dörr fest. Die Paris-ICE-Verbindung sei bereits um ein Zugpaar pro Tag verringert worden. Und Geschäftsleute würden ab Frankfurt über Straßburg nach Paris fahren, wenn dies fünf Minuten schneller sei als über Saarbrücken. Deshalb gelte es für Saarland und Rheinland-Pfalz, die Bahnlinie durch den Pfälzer Wald schneller zu machen.

Die Saar-Grünen fordern unterdessen Ministerpräsident Hans auf, in Berlin zu intervenieren, um mögliche Rückzugspläne der Bahn aus dem Saarland zu verhindern. Grünen-Landeschef Tressel wirft der Landesregierung vor, bahnpolitisch versagt zu haben. „Trotz diverser Bahn-Gipfel setzt sich der sukzessive Abbau von Bahnstrukturen im Saarland unvermindert fort“, sagt er. „Nimmt man nur die vergangenen fünf Jahre, so wurden nicht nur 53 Weichen abgebaut, 15 895 Meter Gleisanlagen stillgelegt und mehr als 1000 Meter Bahnsteiglängen zurückgebaut, sondern landesweit viele Güterbahnhöfe aufgegeben, von Merzig über Sulzbach bis nach Bexbach“, zieht der Bundestagsabgeordnete Bilanz.

Die Bahn räumte ein, dass es im Saarland bei der Regionaltochter DB Regio zu Anpassungen kommen werde. Bei den jüngsten Regionalbahn-Ausschreibungen, die im Dezember gültig werden, habe die Bahn Verbindungen verloren, was jährlich 2,3 Millionen Zugkilometern entspreche. Dies mache „organisatorische Anpassungen notwendig“, heißt es in einer Mitteilung. Das Saarland sei für die Bahn weiterhin ein wichtiges Bundesland „und wird nicht abgehängt“.

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