Sanierungstarifvertrag Die Mitarbeiter der Beckinger Schraubenfabrik holen beim Lohn auf

Beckingen · Die Löhne steigen deutlich, aber noch bekommen die Mitarbeiter der Beckinger Schraubenfabrik nicht so viel Geld, wie es der Flächentarifvertrag vorsieht. Eine große Mehrheit der Belegschaft hat dies am Freitag gebilligt.

 Die Beckinger Schraubenfabrik hat nach Angaben der Geschäftsführung ihren Umsatz seit der Übernahme durch Nedschroef zwar verdreifacht, aber noch schreibt man rote Zahlen.

Die Beckinger Schraubenfabrik hat nach Angaben der Geschäftsführung ihren Umsatz seit der Übernahme durch Nedschroef zwar verdreifacht, aber noch schreibt man rote Zahlen.

Foto: rup

Die mehr als 200 Beschäftigten der Beckinger Schraubenfabrik haben am Freitagnachmittag einem neuen Sanierungstarifvertrag zugestimmt. „Er ist mit 80,5 Prozent angenommen worden“, sagte Lars Desgranges, zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Völklingen. Der alte Sanierungstarifvertrag war Ende vergangenen Jahres ausgelaufen. Die Mitarbeiter des zum niederländischen Schraubenkonzern Nedschroef gehörenden Werks nehmen damit zwar weiterhin Abstriche gegenüber dem regulären Flächentarifvertrag in Kauf, aber man befindet sich in einem „deutlichen Aufholprozess“, sagte Desgranges.

Der neue zwischen Geschäftsführung und Arbeitnehmervertretern ausgehandelte Vertrag läuft über drei Jahre. Demnach „bekommt jeder Mitarbeiter im Schnitt ein um fünf bis neun Prozent höheres Entgelt“, sagte der Gewerkschafter. Dazu zunächst vier, dann 2021 sechs zusätzliche Urlaubstage. IG-Metall-Mitglieder erhalten einen Geld-Bonus. Und „für drei Jahre sind betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen“. Je nach Unternehmensergebnis beginnen ab 2020 wieder Zahlungen zunächst von Weihnachtsgeld, später auch von Urlaubsgeld. „Der Abschluss ist unter dem Strich positiv zu bewerten“ und ein Schritt, um die Arbeitsplätze langfristig zu sichern, sagte Desgranges.

So sieht es auch Werksleiter Jörg Bosch. Die Zustimmung zu dem neuen Sanierungstarifvertrag „ist für das Unternehmen und den Fortbestand absolut wichtig“, sagte Bosch, der Geschäftsführer in Beckingen sowie im Schwesterwerk Saarlouis-Fraulautern ist. Der Sprung auf das aktuelle Lohnniveau des Flächentarifvertrags war dem Unternehmen offenbar zu groß. Um mehr als 20 Prozent lag man zuletzt nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall dahinter zurück. Stark gestiegene Rohstoffpreise vor allem für Stahl sind nach Darstellung von Bosch ein entscheidender Grund dafür, auf einen Tarifvertrag unter dem Flächenniveau zu drängen. Denn noch schreibt das Werk rote Zahlen.

Nedschroef hatte es im Oktober 2015 in „einem extrem desolaten Zustand übernommen“. Es waren praktisch keine Kunden mehr da. Der Vorbesitzer, das US-Unternehmen Whitesell, hatte ein Desaster angerichtet. Whitesell hatte ähnlich wie Prevent bei der Neue Halberg Guss mit extremen Preiserhöhungen Kunden, darunter zum Beispiel BMW, erpresst und schließlich vergrault. Das mündete in einer Insolvenz der deutschen Schraubenhersteller-Gruppe mündete, zu der das Beckinger Werk gehörte. Nedschroef rettete das Unternehmen vor dem Untergang. Seitdem „hat sich der Jahresumsatz von 16 Millionen Euro verdreifacht“, sagte Bosch. Das Ergebnis sei aber noch nicht im Plus. Nach einem über viele Jahre entwickelten Investitionsstau habe Nedschroef knapp zehn Millionen Euro in Maschinen und Gebäude gesteckt. Auch sei kräftig eingestellt worden. Bei der Übernahme waren es 150 Mitarbeiter, „jetzt sind es 212“, sagte Bosch.

Für dieses Jahr rechnet er mit leicht steigenden Umsätzen und einem besseren Ergebnis. „Wenn alles gut läuft, ist es 2020 so weit“, dass die Beckinger Schraubenfabrik wieder Gewinne erwirtschaftet. Bosch ist aber zurückhaltend. Die Aussichten der Autokonjunktur sind schließlich zurzeit nicht rosig. Hinzu kommen Unsicherheiten durch den Brexit und die internationalen Handelsstreitigkeiten. Bosch sieht aber durchaus die Chance, schnell in die Gewinnzone zu kommen. An dem Erfolg würden die Mitarbeiter dann auch beteiligt, sagte er zu und lobte die Flexibilität, die der neue Sanierungstarifvertrag biete. Er sieht ihn letztlich auch als Übergang zu dem Niveau des Flächentarifvertrags. Dahin zu kommen, ist das ausdrückliche Ziel der IG Metall. Wann das gelingt, „steht und fällt aber mit dem Umsatzwachstum“, sagte Bosch.

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