Einzelhandel Krieg im Supermarktregal

Hamburg · Edeka legt sich mit Nestlé an und listet über 150 Produkte aus. Gleichzeitig setzt sich der Siegeszug der Handelsmarken fort.

 Edeka setzt statt auf Markenhersteller verstärkt auf Eigenmarken. Bei ihnen ist die Gewinnmarge deutlich höher.

Edeka setzt statt auf Markenhersteller verstärkt auf Eigenmarken. Bei ihnen ist die Gewinnmarge deutlich höher.

Foto: dpa/Christian Charisius

Im Lebensmittelhandel bahnt sich ein Kampf der Giganten an: Edeka hat nach einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ damit begonnen, Schritt für Schritt rund 160 Nestlé-Produkte aus dem Verkauf zu nehmen. Der größte deutsche Lebensmittelhändler wolle damit beim weltweit größten Nahrungsmittelhersteller bessere Einkaufskonditionen durchsetzen, berichtete das Fachblatt. Zu den bekanntesten Nestlé-Marken gehören Nescafé, Maggi, Thomy, Wagner Pizza und Vittel.

Der Handelsstreit kommt in einer Zeit, in der die Supermarkt-Ketten sich vermehrt von den großen Markenherstellern emanzipieren. 2017 haben Verbraucher so oft wie noch nie zu den Eigenmarken der großen Handelsketten gegriffen. Eigen- oder Handelsmarken sind Produkte, die die Supermärkte unter eigener Marke verkaufen. „Ja“ oder „Gut und günstig“, „Rewe Beste Wahl“ und „Edeka Select“ sind Beispiele für solche Produktlinien.

Insgesamt steigerten Edeka, Rewe, Aldi, Lidl und Co. nach Angaben der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) den Marktanteil ihrer Eigenmarken im vergangenen Jahr auf 37,4 Prozent. Das sei ein neuer Rekord, stellt der GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth fest. Gerade die großen Supermarktketten Edeka und Rewe, aber auch Drogeriemarktketten wie dm und Rossmann haben in den vergangenen Jahren ihr Eigenmarkenangebot zielstrebig ausgebaut.

Die Eigenmarken bieten für die Handelsketten viele Vorteile. Die Gewinnspanne ist für die Händler hier in der Regel deutlich höher als beim Verkauf von Markenprodukten. Außerdem sind die eigenen Produkte gerade für die Supermarktketten längst zu einem Instrument der Profilierung geworden. Bei Bio-Produkten liegt der Eigenmarkenanteil deshalb mit fast 50 Prozent besonders hoch. Mit diesem Angebot werde von den Handelsketten eine besonders kaufkräftige und attraktive Zielgruppe umworben, erklärt Adlwarth.

Der Siegeszug der Eigenmarken hinterlässt längst sichtbare Spuren in den Verkaufsregalen. Während bekannte Marken von Dr. Oetker oder Henkel dort in der Regel nach wie vor einen unangefochtenen Platz haben, haben es weniger bekannte Hersteller immer schwerer, sich gegen die Eigenmarken zu behaupten. Seit dem Jahrtausendwechsel haben diese „Mittelmarken“ nach Angaben der GfK 40 Prozent ihres einstigen Marktanteils eingebüßt.

Vor diesem Hintergrund lässt Edeka nun gegenüber dem Großkonzern Nestlé die Muskeln spielen. Und ist in diesem Machtkampf auch nicht alleine auf weiter Flur. Vielmehr handelt Edeka im Schulterschluss mit den anderen Mitgliedern der europäischen Händlerallianz Agecore: Intermarché, Coop Schweiz, Conad, Eroski und Colruyt. Die Schweizer „Handelszeitung“ zitierte den Coop-Sprecher Urs Meier mit dem Satz: „Wir haben einen Bestellstopp auf über 150 Artikel veranlasst.“

Ungewöhnlich ist das Vorgehen von Edeka gegen Nestlé nicht. Im Rahmen der regelmäßigen Preisverhandlungen zwischen Händlern und Herstellern sind vorübergehende Auslistungen von Produkten, aber auch die zeitweilige Einstellung der Belieferung durch die Hersteller durchaus üblich. So suchten Kunden der Supermarktkette Real im Sommer 2015 zeitweise vergeblich nach etlichen Produkten von Dr. Oetker, Nestlé oder Müller Milch. Erst als sich Händler und Hersteller im Streit über die künftigen Lieferkonditionen geeinigt hatten, füllten sich die Regale wieder.

Ein Jahr zuvor hatte der Discounter Lidl Schlagzeilen gemacht, als er Coca Cola für gut zwei Monate aus den Regalen schmiss. Die Begründung damals: „Streit um ein Vermarktungskonzept“. Und auch bei anderen Ketten fehlen immer wieder mal bekannte Marken, wenn sich Hersteller und Händler gerade nicht über Konditionen einigen können. „Das gehört zum normalen Geschäft“, heißt es in der Branche.

(dpa)
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