Wirtschaft wird Schulfach in Baden-Württemberg

Stuttgart/Saarbrücken · Baden-Württemberg führt zum Schuljahresbeginn 2016/2017 das Fach Wirtschaft an allgemeinbildenden weiterführenden Schulen ein. Auch aus der Saar-Wirtschaft wird Interesse an einer solchen Neuerung bekundet.

. In Baden-Württemberg wird ab dem Schuljahr 2016/2017 das Unterrichtsfach Wirtschaft flächendeckend an allen allgemeinbildenden weiterführenden Schulen eingeführt. Der neue Bildungsplan wird gerade vom dortigen Kultusministerium erarbeitet. Ziel der Neuerung ist es, grundlegende wirtschaftliche Kenntnisse zu vermitteln und den Schülern auch eine bessere berufliche Orientierung zu bieten.

An der Saar stößt dieser Vorstoß auf großes Interesse. Volker Giersch, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Saar , plädiert auch in unserer Region für die Einführung dieses Schulfaches. Allerdings müsse "zunächst eingehend geprüft werden, ob und wie die Einführung eines solchen Faches ohne Mehrkosten in den Fächerkanon der Schulen aufgenommen werden kann". Die IHK sei bereit, "die Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern für das neue Schulfach aktiv zu unterstützen". Zumal die Wirtschaft in Baden-Württemberg hierzu ein tragfähiges Konzept entwickelt habe. Grundsätzlich "sollte aus unserer Sicht ökonomische Grundbildung inklusive Grundkenntnissen über die Funktionsweise unserer sozialen Marktwirtschaft Teil der allgemeinen Bildung sein, die unsere Schulen vermitteln". Die stärkere Vermittlung wirtschaftlicher Zusammenhänge hält auch der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung Saarländischer Unternehmensverbände (VSU), Joachim Malter, für notwendig. Er legt sich jedoch nicht fest, ob dazu ein eigenes Fach gebraucht wird. "Entscheidend ist, dass die Schüler ein Grundwissen bekommen und ihnen dadurch auch die berufliche Orientierung erleichtert wird." Georg Brenner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) begrüßt den Vorstoß aus Baden-Württemberg. Man müsse aber ein nachvollziehbares Gesamtkonzept für das Fach entwickeln und die Finanzierung der Lehrerausbildung klären. Der Landeschef des DGB, Eugen Roth , betont, ein Unterrichtsfach Wirtschaft dürfe nicht einseitig vermittelt werden. Auch die Rolle der Mitbestimmung und der Gewerkschaften müsse ein Thema sein.

Praktiker wie der Vorstandsvorsitzende der Bank 1 Saar , Heiner Loehl, beklagen, dass junge Leute von wirtschaftlichen Zusammenhängen "in der Regel keine Ahnung haben". Selbst jungen Auszubildenden müsse erst einmal grundlegend erklärt werden, wie eine Bank funktioniert, welche Transaktionen vorgenommen werden und häufig sogar, wozu man ein Konto braucht. Hanno Dornseifer, Vorstand des Energieversorgers VSE, sieht ebenfalls starken Nachholbedarf an Schulen. "Auch ich selbst habe damals erst bei meiner Banklehre von wirtschaftlichen Zusammenhängen erfahren." Das saarländische Bildungsministerium sah sich gestern Nachmittag nicht zu einer Stellungnahme imstande. Die Einführung eines Unterrichtsfaches Wirtschaft an Schulen ist überfällig. Die Zusammenhänge werden immer komplizierter, Wirtschaft spielt heute in fast allen Lebensbereichen eine wesentliche Rolle. Junge Menschen wissen zu wenig darüber, obwohl auch sie ständig von den Auswirkungen betroffen sind. Das Saarland sollte dem Beispiel von Baden-Württemberg folgen. Wer anderen im Berufs- und Privatleben voraus sein will, muss mitreden können auf der Grundlage eines möglichst praktischen Wissens. Die frühzeitige neutrale Vermittlung wirtschaftlicher Zusammenhänge erleichtert zudem die berufliche Orientierung. Das Saarland muss zwar sparen, ganz sicher aber nicht in der Vermittlung praktischer, lebensnaher Bildungsinhalte.

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