"Wir suchen 5000 Ingenieure"

Herr Lindner, wie dramatisch ist der Fachkräftemangel?Lindner: Derzeit gehen wir allein im Maschinenbau von rund 5000 offenen Ingenieursstellen aus. Einen Mangel an Bewerbern erwarten die Firmen in den nächsten Jahren vor allem in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Konstruktion sowie im Vertrieb

Herr Lindner, wie dramatisch ist der Fachkräftemangel?Lindner: Derzeit gehen wir allein im Maschinenbau von rund 5000 offenen Ingenieursstellen aus. Einen Mangel an Bewerbern erwarten die Firmen in den nächsten Jahren vor allem in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Konstruktion sowie im Vertrieb. Unternehmen, die Ingenieure für eine Auslandstätigkeit suchen, befürchten sogar zu drei Vierteln, nicht genügend Bewerber zu finden. Der Fachkräftemangel wird damit für uns zum limitierenden Faktor. Das kann in naher Zukunft dramatisch werden.

Die Berufsperspektiven für Ingenieure sind also glänzend?

Lindner: Auf jeden Fall. Und sie werden wahrscheinlich noch besser werden, da Zukunftsthemen wie Umwelt, Energie, Wasser und Mobilität ohne unsere Ingenieure nicht zu bewältigen sind.

Was muss man aber zugleich gegen den Fachkräftemangel tun?

Lindner: In unserem Bereich werden 46 Prozent aller Studienanfänger an den technischen Universitäten und 28 Prozent an den Fachhochschulen keine Maschinenbau-Ingenieure. Das sind junge Leute, die technisch interessiert sind und bei besserer Förderung zumindest teilweise bis zum Abschluss gekommen wären. Wir müssen daher die Ursachen des Studienabbruchs bekämpfen.

Sie schieben den Schwarzen Peter also den Hochschulen zu?

Lindner: Nein, so einfach ist das nicht. Wissen und Kompetenzen sind bei Studienanfängern heterogener geworden. Der Studienabbruch ist auch eine Frage finanzieller Ressourcen. Da steht vielen Hochschulen das Wasser bis zum Hals. Aber auch manchen Professoren muss klar gesagt werden, dass Rausprüfen kein Wert an sich ist. Zudem hat man bei der Umstellung vom Diplom-Ingenieur zum Bachelor das Ausmisten von Inhalten vergessen.

Welche Verantwortung haben die Unternehmen?

Lindner: Wir müssen noch mehr für Vereinbarkeit von Familie und Beruf sorgen, um Fachkräfte an unsere Unternehmen zu binden. Bei vielen Arbeitnehmern geht heute die Familie vor. Mehr als drei Viertel der Eltern würden für mehr Familienfreundlichkeit den Job wechseln. Viele Beschäftigte haben sowohl kleine Kinder als auch kranke Angehörige. Denen müssen wir helfen, zum Beispiel durch die Schaffung von mehr vollzeitnahen Teilzeitjobs.

Spielt das Thema Zuwanderung für Sie keine Rolle?

Lindner: Eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften ist sicherlich hilfreich. Sie kann aber das Problem allein nicht lösen. Die Frage ist doch auch, warum Deutschland jedes Jahr eine hohe Zahl hochqualifizierter Fachkräfte verliert, und das mit steigender Tendenz. Wir fordern deshalb, dass Arbeitsplätze für Hochqualifizierte in Deutschland attraktiver werden. Hier müssen Politik und Wirtschaft gemeinsam ansetzen.

Wie sind die Aussichten für 2011?

Lindner: Für 2011 rechnen wir mit einem Wachstum der Maschinenproduktion von rund acht Prozent nach plus sechs Prozent im Jahr 2010.

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