„Wir atmen gleich“

Die polnische Pianistin Ewa Kupiec ist sozusagen die Primadonna des Eröffnungswochenendes der Musikfestspiele Saar. Am Samstag spielt sie im Konzert der Deutschen Radio Philharmonie Chopins erstes Klavierkonzert – unter Leitung von Stanislaw Skrowaczewski. Am Sonntag gibt sie in der Illinger Illipse ein Recital. Kupiec, die 1964 in Kattowitz geboren wurde, lebt seit einigen Jahren in Deutschland und lehrt an der Musikhochschule Hannover. Sie gilt als ausgezeichnete Chopin-Interpretin, ist aber auch eine höchst engagierte Botschafterin der zeitgenössischen Musik ihrer Heimat. SZ-Redakteur Oliver Schwambach sprach mit ihr.

 Seit Jahren arbeiten Pianistin Ewa Kupiec und der mittlerweile 91-jährige Dirigent Stanislaw Skrowaczewski intensiv und offenkundig auch mit viel Humor zusammen. Das Ergebnis sind stets Musikereignisse; das darf man auch vom Eröffnungskonzert des Saar-Festivals erwarten. Foto: PR2 Classic

Seit Jahren arbeiten Pianistin Ewa Kupiec und der mittlerweile 91-jährige Dirigent Stanislaw Skrowaczewski intensiv und offenkundig auch mit viel Humor zusammen. Das Ergebnis sind stets Musikereignisse; das darf man auch vom Eröffnungskonzert des Saar-Festivals erwarten. Foto: PR2 Classic

Foto: PR2 Classic

Mit Stanislaw Skrowaczewski, der das Eröffnungskonzert der Musikfestspiele Saar dirigiert, verbindet Sie bereits eine lange Zusammenarbeit. Es gibt Fotos, da sieht man Sie beide über eine Partitur gebeugt, offenbar beim intensiven Studium. Was ist das Besondere an der Zusammenarbeit mit ihm?

Kupiec: Es ist eine über viele Jahre gewachsene Zusammenarbeit, mittlerweile eine Freundschaft und auch manchmal so etwas wie ein Vater-Tochter-Verhältnis. Uns verbindet ein ähnliches Verständnis für die Musik . Da müssen wir gar nicht mehr so viel reden, wir atmen gleich. Und wir sind beide aus Polen weggegangen. Er lebt schon lange in den USA, ich schon einige Jahre in Deutschland, doch uns verbindet, dass wir uns beide sehr für die polnische Musik einsetzen. Aber natürlich ist da bei mir auch der Respekt für Stanislaw als Dirigent und als Komponist, und sein ganzes Leben, das mich beeindruckt. Sie wissen, wie alt Stanislaw ist?

Ja, 91. Was unterscheidet ihn denn von einem Dirigenten beispielsweise Ihres Alters? Macht sich da auch eine andere Dirigentenschule bemerkbar?

Kupiec: Das mit Sicherheit. Aber er ist auch sehr bescheiden, obwohl er so viel geleistet hat. Und er ist ungeheuer offen Neuem gegenüber.

Hat er sich trotz seines nahezu biblischen Alters gewissermaßen die jugendliche Neugier bewahrt?

Kupiec: Ja, er hat immer noch Freude und Interesse, sich mit Neuem zu beschäftigen.

Sprechen Sie eigentlich Polnisch miteinander, oder ist das den beiden Exilanten fremd geworden?

Kupiec: Wir sprechen natürlich Polnisch miteinander.

Im vorigen Jahr bekamen Sie für Ihre CD mit Werken Andrzej Panufniks viel Kritikerlob und Auszeichnungen. In Deutschland ist er ein nahezu unbekannter Komponist. Woran liegt das?

Kupiec: Er ist sicher auch so etwas wie ein Opfer der Geschichte geworden. In Polen fand er zwar nach Ende des Krieges schon eine gewisse Anerkennung. Dann aber emigrierte er nach England, musste gehen. Und dort hat man ja auch nicht auf ihn gewartet. Aber seine Musik ist sehr interessant und vielfältig. Die Zeit für seine Musik wird noch kommen, da bin ich sicher.

Hätten Sie nicht auch bei Ihren Konzerten im Saarland gerne etwas von ihm gespielt?

Kupiec: Sicher, aber beim Eröffnungskonzert steht ja Skrowaczewskis "Passacaglia" und Lutoslawskis "Konzert für Orchester" auf dem Programm. Das ist schon sehr viel Zeitgenössisches. Ich denke, man darf das Publikum auch nicht überfordern.

In Deutschland fällt vielen zu polnischen Komponisten nicht viel mehr ein als Chopin. Woran liegt das? Sie kennen beide Länder, Polen und Deutschland, sehr gut.

Kupiec: Es scheint mir manchmal, es gibt so eine Art imaginäre Grenze zwischen beiden Ländern, gerade, wenn es um Kultur geht. Aber wenn man ehrlich ist: Auch in Polen ist es nicht so, dass Lutoslawski zum Beispiel wirklich allen bekannt ist. Wir leben in Zeiten, wo man in der Musik eher das Alte, das Vergangene schätzt und nicht das Zeitgenössische. Dagegen kann man nur immer wieder mit kleinen Schritten etwas tun, die Musik der Zeitgenossen spielen. Davon abgesehen hat Chopin ja auch eine ganz besondere Bedeutung.

Sie eröffnen im Saarland ein "Polen-Festival". Welchen Eindruck macht das Programm auf Sie?

Kupiec: Ich finde toll, dass man so etwas macht.

Bekommt man denn, wenn man die Konzerte besucht, einen tatsächlich umfassenden Eindruck der polnischen Musik ?

Kupiec: Einen sehr guten Eindruck auf jeden Fall. Es findet sich ja auch sehr viel Jazz im Programm, und wir haben wirklich außergewöhnlich viele und gute Jazz-Musiker in Polen.

Unlängst sagten Sie in einem Interview, dass Ihnen Ihre frühen Chopin-Aufnahmen heute etwas zu "akademisch" vorkommen. Spielen Sie heute mutiger?

Kupiec: Ich bin heute sicher freier. Es ist ja ganz normal, dass, wenn man jung ist, man noch seinen Weg sucht. Man will es vielleicht auch zu vielen irgendwie Recht machen. Aber man muss seinen eigenen Weg, seinen Ausdruck finden, darum geht es ja auch in der Musik .

Zum Thema:

Auf einen BlickDie Musikfestspiele Saar im Zeichen Polens beginnen am Samstag, 20 Uhr, mit dem Konzert der DRP unter Stanislaw Skrowaczewski, Solistin Ewa Kupiec, in der Saarbrücker Congresshalle. Am 1. März, 11 Uhr, gastiert Kupiec in der Illinger Illipse. Das Festival läuft bis 22. Juli und umfasst über 60 Konzerte, Operngastspiele, Lesungen, Filmvorführungen und weitere Veranstaltungen. Karten:Tel. (06 81) 97 61 00. www.musikfestspiele-saar.de red

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