Wie Südkoreaner vor 50 Jahren Deutschland halfen

Seoul · Viele Südkoreaner sprechen erst heute über eine für Deutsche wohl überraschende Erfahrung. In den sechziger Jahren kamen über 18 000 Koreanerinnen und Koreaner nach Westdeutschland, um beim Wiederaufbau zu helfen.

. Es war Schwerstarbeit: Bis zu zwölf Stunden täglich schleppte Bae Jung-Hwan zentnerschwere Gesteinsladungen durch einen Stollen in 1200 Metern Tiefe - bei Temperaturen von über 30 Grad. Bae war einer von rund 8000 Südkoreanern, die zwischen 1963 und 1977 im deutschen Bergbau arbeiteten. "Als jüngstes von fünf Kindern einer armen Familie hatte ich keine andere Wahl als den gut bezahlten Job in Deutschland anzunehmen", sagt Bae. "Ich musste einfach Geld für meine Familie und mein Studium verdienen."

Drei Jahre schuftete Bae unter Tage, bevor er nach Südkorea zurückkehrte und Lehrer wurde. Das hart erarbeitete Geld ermöglichte ihm diese Karriere, dennoch verschwieg er in seiner Heimat die Zeit in Deutschland. "Es gibt Vorurteile gegenüber Bergleuten, deshalb redete ich weder mit Freunden, Kollegen noch meiner Familie über meine Erfahrung in Deutschland", sagt Bae. Erst vor Kurzem erzählte er seiner Frau und seinen Kindern davon. Vor knapp 50 Jahren, im Dezember 1963, unterzeichneten Deutschland und die Republik Korea das "Programm zur vorübergehenden Beschäftigung von koreanischen Bergarbeitern im westdeutschen Steinkohlenbergbau" - das erste Abkommen dieser Art, das Deutschland mit einem Land außerhalb Europas schloss. Im deutschen Bergbau fehlten Arbeitskräfte, im vom Krieg zerstörten Südkorea mangelte es an Arbeit. Auch viele Akademiker waren arbeitslos, sie machten einen Großteil der Bewerber aus. Ab 1966 warb die Bundesrepublik auch südkoreanische Krankenschwestern an, 10 000 kamen in den folgenden zehn Jahren nach Westdeutschland. Laut südkoreanischer Regierung kehrten 40 Prozent der Bergleute und Krankenschwestern später zurück.

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