Wie man einen blinden Fleck füllt

Wie haben Sie Woody Allen überredet, in einer Dokumentation über ihn aufzutreten?Weide: Woody war wirklich nicht leicht für dieses Projekt zu überzeugen. Das hat nicht damit zu tun, dass er an dem Konzept gezweifelt hätte oder die Kontrolle behalten will, sondern ganz einfach daran, dass er aufrichtig davon überzeugt ist, es nicht wert zu sein, Anlass einer Dokumentation zu sein

Wie haben Sie Woody Allen überredet, in einer Dokumentation über ihn aufzutreten?Weide: Woody war wirklich nicht leicht für dieses Projekt zu überzeugen. Das hat nicht damit zu tun, dass er an dem Konzept gezweifelt hätte oder die Kontrolle behalten will, sondern ganz einfach daran, dass er aufrichtig davon überzeugt ist, es nicht wert zu sein, Anlass einer Dokumentation zu sein. Er meinte, dass es niemanden interessiere, wie er denkt oder arbeitet.

Ist das nicht nur Koketterie?

Weide: Nein, das ist keine falsche Bescheidenheit, es ist ein psychologisch blinder Fleck, den er hat. Ich kenne Woody bereits seit 25 Jahren und habe ihn, wie andere Regisseure auch, mehrfach für eine Dokumentation über ihn gewinnen wollen. Er betonte immer, ihm sei noch nie ein großer Film gelungen und er warte noch immer auf seinen "Citizen Kane".

Wie haben Sie Ihr Ziel dann schließlich doch erreicht?

Weide: Ich schrieb Woody im Oktober 2008 einen Brief, in dem ich betonte, dass es zum einen nun höchste Zeit für diese Dokumentation sei. Und zum anderen, dass ich der richtige Regisseur dafür wäre. In seiner Antwort ging es nur um ganz praktische Fragen: Wie viel Zeitaufwand das alles bedeutet? Ob ich Interviews mache? Ob ich zu Dreharbeiten komme? Als ich diese Hürde genommen hatte, war Woody enorm hilfsbereit und zugänglich. Ich hatte alle Freiheiten, er gab keinerlei Vorgaben.

So notorisch gering sich der Neurosen-Züchter gerne selbst einstuft, wie beurteilen Sie den Stellenwert Allens für das Kino?

Weide: Sein ganz besonderer Stellenwert beginnt mit seiner einzigartigen Unabhängigkeit; keiner seiner Geldgeber wollte je ein Drehbuch sehen. Auch gehört er zu den fleißigsten Filmemachern überhaupt, der in 43 Jahren 43 Filme abgeliefert hat. Hitchcock drehte zwar über 50 Filme, aber er schrieb dazu nicht auch noch selbst die Drehbücher. Wenn also nur jeder vierte Film großartig ausfällt, kann Woody eine eindrucksvolle Bilanz vorweisen.

Haben Sie durch den Film etwas Neues entdeckt an Allen?

Weide: Durch meine intensiven Recherchen vorab, war ich mit den meisten Fakten relativ gut vertraut. Überrascht hat mich allerdings schon, dass Woody noch immer diese uralten deutsche Olympia-Schreibmaschine benutzt, die er mit 16 Jahren gekauft hat.

Warum wird die skandalumwitterte Trennung von Mia Farrow im Film nur kurz erwähnt?

Weide: Für mich ist diese Geschichte der absolut uninteressanteste Aspekt seines Lebens. Ich hatte keine Lust, ein Gerichtsdrama aus meinem Film zu machen. Das hat mich damals nicht interessiert und ist mir auch heute egal. Aber jeder, dem ich von meinem Projekt erzählte, wollte wissen, wie ich die Mia-Farrow-Sache behandeln würde - obwohl das über 20 Jahre vorbei ist.

Mia Farrow lehnte ein Gespräch für Ihren Film ab. Wie gesprächig haben sich die anderen Zeugen gezeigt?

Weide: Spike Lee hat eine Mitwirkung abgelehnt, ihn hätte ich gerne nach seinen Vorwürfen befragt, wonach Allen nie Schwarze besetzt. Diane Keaton war zunächst problematisch, weil sie großen Wert auf ihr Privatleben legt. Irgendwann stimmte sie einem Interview per Telefon zu, was durch den Einsatz von Allen zum Glück geändert werden konnte. Bei allen anderen waren es vor allem die Termine, die Probleme machten. Penelope Cruz bin ich rund um die Welt nachgereist, bis ich sie schließlich in Madrid getroffen habe.

Wie hat Allen auf Ihren Film reagiert?

Weide: Woody mag den Film, der in Amerika bereits auch im Fernsehen gezeigt wurde. Er meinte, dass ihn auf der Straße nun noch mehr Leute ansprechen würden. Besonders stolz bin ich auf seinen Brief, wo er schreibt: "Ich bin nun 76 Jahre alt und du bist der erste, dem es gelungen ist, mich menschlich darzustellen - und das beinhaltet etliche Psychiater."

AUF EINEN BLICK

 Regisseur Robert B. Weide. Fotos: B Plus Productions/NFP

Regisseur Robert B. Weide. Fotos: B Plus Productions/NFP

 Regisseur Robert B. Weide. Fotos: B Plus Productions/NFP

Regisseur Robert B. Weide. Fotos: B Plus Productions/NFP

Sieben Filme laufen neu in den Kinos der Region an. Das Saarbrücker Filmhaus zeigt den skurrilen Film "Attenberg", die nette Komödie "Bis zum Horizont, dann links" mit Otto Sander und das filmische Experiment "90 Minuten - Das Berlin Projekt". Im Camera Zwo sind der Aussteigerfilm "Das Haus auf Korsika" und die Tragikomödie "Hasta La Vista" zu sehen. Im Cinestar, dem UT- und PK-Kino startet die amerikanische Komödie "Fast verheiratet". Der Actionkracher "The Raid" läuft auch im Cinestar. flom

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