West-LB vor der Zerschlagung

Düsseldorf. Für die schwer angeschlagene West-LB hat sich gestern eine Lösung in letzter Minute abgezeichnet. Die nordrhein-westfälischen Sparkassen wollen laut Verhandlungskreisen eine deutlich verkleinerte Nachfolgebank schaffen und dafür auch Eigenkapital bereitstellen

Düsseldorf. Für die schwer angeschlagene West-LB hat sich gestern eine Lösung in letzter Minute abgezeichnet. Die nordrhein-westfälischen Sparkassen wollen laut Verhandlungskreisen eine deutlich verkleinerte Nachfolgebank schaffen und dafür auch Eigenkapital bereitstellen. Damit haben sie Bewegung in die Verhandlungen über ein Gesamtkonzept für die Sanierung der drittgrößten deutschen Landesbank gebracht. "Wir kriegen das hin", sagte ein Teilnehmer der Gespräche gestern vor der entscheidenden Krisenrunde in Berlin. Ein Komplettverkauf des Instituts scheint damit vom Tisch zu sein. Bis Mitternacht musste Deutschland bei der EU-Kommission ein neues Sanierungskonzept für die West-LB vorlegen.Von der Landesbank wird nicht mehr viel übrig sein, wenn sich die Sparkassen mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Die West-LB wird demnach zu einer kleinen Zentralbank, die unter anderem den Zahlungsverkehr für die rund 100 Sparkassen in Nordrhein-Westfalen abwickeln soll. Abgespalten wird eine riesige Bad Bank mit 77 Milliarden Euro an Schrottpapieren und nicht mehr gewollten Aktivitäten der West-LB. Damit bekommt die Bank die Quittung für mehr als eine Million Euro Miese pro Tag in den letzten zehn Jahren.

Während sich die Sparkassen, die Sparkassenverbände und die Landesbanken diese Konstruktion dem Vernehmen nach bis zu 1,5 Milliarden Euro kosten lassen wollen, sind die Belastungen für die Steuerzahler noch nicht absehbar. Denn über die endgültige Lösung pokerten der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und die Sparkassen gestern bis zur letzten Minute. Der Bund, der bereits drei Milliarden Euro in die West-LB gesteckt hat, wies Forderungen nach einer neuen Milliardenhilfe bislang zurück. Seit 2008 musste die Bank nach Angaben der EU von der öffentlichen Hand mit 16 Milliarden Euro gestützt werden.

Unabhängig von der endgültigen Lösung: Ein Kapitel bundesdeutscher Bankengeschichte dürfte zu Ende gehen. Mit der West-LB wurde Industriepolitik gemacht - es wurden Unternehmen gerettet, Konzerne geschmiedet oder umgebaut. Der Wandel des Preussag-Konzerns zum Touristikriesen Tui ist dafür ein Paradebeispiel. Die West-LB drehte ein großes Rad im internationalen Geschäft. Sie sollte eine gut laufende Geldmaschine sein. Das Bild für das abgelaufene Jahrzehnt fällt jedoch verheerend aus: In den zehn Geschäftsjahren 2000 bis 2009 steht abzüglich der Gewinne unter dem Strich ein Verlust von gut fünf Milliarden Euro. Fehlinvestitionen in ausländische Unternehmen wie den britischen Fernsehverleiher Boxclever, eine Potenzierung von Risiken in bestimmten Branchen und Fehlspekulationen mit Aktien verhagelten die Bilanzen. Ohne eigene Filialen und Privatkunden funktionierte das Geschäftsmodell der West-LB immer weniger. Zumal die Bank ihren Miteigentümern - den Sparkassen - keine Konkurrenz machen durfte.

Die Verkleinerung zur Sparkassen-Zentralbank wäre der dritte Umbau der Bank in wenigen Jahren. Wie viele Stellen dabei wegfallen, ist unklar. Schon jetzt ist von einst mehr als 11 000 Jobs weniger als die Hälfte übrig geblieben.

Meinung

Aufstieg und Fall

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf

Egal wie das Ringen um die Zukunft der West-LB ausgeht, am Ende wird von dem Finanzkonzern außer einer kleiner Restbank nur ein großer Haufen Schrottpapiere übrig bleiben, für den die Steuerzahler haften müssen. Die Bürger bekommen die Quittung für die abgehobenen Pläne, das Sparkassen-Zentralinstitut Nordrhein-Westfalens in eine internationale Großbank zu verwandeln.

Die Grundlage für das Desaster der West-LB und weiterer Landesbanken hat die Bundespolitik 2001 gelegt, indem sie mit der EU eine großzügige Regelung für das Auslaufen der sogenannten Gewährträgerhaftung aushandelte. Solange die öffentliche Hand letztlich für die Institute haftete, konnten sich die Landesbanken günstig mit Geld vollsaugen. Und dieses Geld landete, weil man den Sparkassen keine Konkurrenz machen durfte, im internationalen Geschäft. Die Finanzkrise machte dem Treiben dann brutal eine Ende. Nach dem Notverkauf der Sachsen-LB ist die West-LB der zweite Fall eines unrühmlichen Absturzes einer Landesbank. Bei der Bayern-LB und der baden-württembergischen LBBW wird es wohl glimpflicher ausgehen, teuer wird es aber auch dort für die Steuerzahler.

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