Wenn die eisige Pracht zum Schaden führt

Kamen. Simone K. war fassungslos: Abends, auf dem Weg nach Hause, krachte ihr auf einer Straßenkreuzung von einer Laterne ein dicker Eiszapfen aufs Autodach - 850 Euro Schaden

Kamen. Simone K. war fassungslos: Abends, auf dem Weg nach Hause, krachte ihr auf einer Straßenkreuzung von einer Laterne ein dicker Eiszapfen aufs Autodach - 850 Euro Schaden. Die Reparatur muss sie selber tragen, entschied das Landgericht Wuppertal: Da Eiszapfen an Straßenlaternen beim Anschalten der Beleuchtung tauen, sei es für die Gemeinden unmöglich, jeden Abend Kontrollgänge zu machen.In diesen Wochen müssen Fußgänger und Autofahrer in der Nähe von Häusern wieder mit Dachlawinen rechnen. Nicht immer weisen Warnschilder oder Absperrungen auf die drohende Gefahr hin. Da fragt es sich, wer für Schäden durch Dachlawinen eintreten muss. Wie so oft: Eine eindeutige Antwort darauf gibt es nicht. Mal muss der Hausbesitzer, mal der Betroffene selbst für den Schaden aufkommen.

Der Hausbesitzer haftet für den Schaden durch Dachlawinen, wenn ihn ein Verschulden trifft, wenn er also Pflichten versäumt hat. Diese Pflichten sind aber nicht nur regional sehr unterschiedlich ausgestaltet; sie hängen auch noch zum Beispiel von der Neigung des Daches, von der Lage des Hauses - ob es etwa an einer belebten Verkehrsstraße liegt -, aber auch von den jeweiligen Witterungsbedingungen ab.

Verhältnismäßig einfach ist der Fall, wenn ein Hausbesitzer vorschriftswidrig keine Schneefanggitter an seinem Dach angebracht hat. Im Schadenfall wird dann grundsätzlich davon ausgegangen, dass er haftet.

Bauvorschriften beachten

Hat aber der Hausbesitzer alle baulichen Vorschriften eingehalten, dann wird man ihm kaum etwas anhaben können. Zumindest dort, wo es wintertags nicht oft schneit, ist er zu weitergehenden Vorkehrungen normalerweise nicht verpflichtet. Selbst wenn in solchen Gegenden ausnahmsweise einmal mehr Schnee fallen sollte und damit die Gefahr von Dachlawinen besteht, ist es eher den Verkehrsteilnehmern zuzumuten, sich hierauf einzurichten und nicht an solchen Gefahrenstellen ihren Wagen zu parken - so die herrschende Rechtsprechung.

Keine Regel ohne Ausnahme: Zusätzliche Maßnahmen sind von Richtern bereits für erforderlich gehalten worden, wenn das Dach einen Neigungswinkel von über 38 Grad hat, das Gebäude an einer belebten Straße liegt und eine Schneehöhe erreicht ist, die bei Tauwetter Unbill verursachen kann.

Allgemein gesagt: Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Exakter ist die sogenannte Verkehrssicherungspflicht des Hausbesitzers auch in "schneereichen" Gegenden nicht abzugrenzen. Zwar sind dort Schneefanggitter meist vorgeschrieben. Was darüber hinaus verlangt werden kann, lässt sich aber nicht auf die simple Regel bringen: je mehr Schnee, desto strenger die Maßstäbe. Fast schon im Gegenteil: Je schneereicher der Ort ist, desto besser sind die Einwohner mit den Gefahren vertraut - und umso größer muss die Aufmerksamkeit der Passanten beziehungsweise Autofahrer sein.

Sind etwa in einer schneereichen Gegend besondere Vorbeugungsmaßnahmen wie das Aufstellen von Warntafeln bei Tauwetter oder das Abräumen des Daches nicht üblich, so beruht das darauf, dass dort jedermann die Gefahr kennt. Ein Gericht hat in derartigen Fällen Warnschilder sogar für "nicht zumutbar" gehalten, weil dann im Winter überall Schilder aufgestellt werden müssten, die dann der großen Zahl wegen keiner mehr beachten würde.

Wie kann man sich vor Schadenersatzansprüchen finanziell schützen? Für den Mieter einer Wohnung oder Bewohner eines Einfamilienhauses genügt die Privathaftpflichtversicherung. Besitzer eines Mehrfamilienhauses, Gemeinschaften von Wohnungseigentümern und Vermieter eines Einfamilienhauses brauchen eine Haus- und Grundbesitzerhaftpflichtversicherung. Auch Eigentümer von Einfamilienhäusern mit Einliegerwohnung sollten diesen Haftpflichtschutz im Policenschrank haben.

Und: Für den Vermieter wird eine eigene Haftpflichtversicherung nicht dadurch überflüssig, dass er seine Mieter mit den jeweils notwendigen Sicherungsmaßnahmen beauftragt hat. Gegenüber einem Geschädigten haften Mieter und Vermieter in voller Höhe. Der jeweils in Anspruch Genommene muss dann selbst zusehen, wie er sein Geld vom Mitverantwortlichen wiederbekommt.

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