Leseecken für Senioren Wenn Bücher Erinnerungen wecken . . .

Losheim · In den Altenheimen von Losheim richtet der Heimatverein derzeit Leseecken ein. Dort gibt es rund 40 Bücher mit Material von früher.

 Hubert Schommer (links) vom Losheimer Heimatverein schenkte der Seniorenresidenz mehrere Bücher und Hefte über Losheim und Umgebung. Bewohnerinnen wie Erika Jakobs-Merziger (stehend) erkennen darin vieles von früher wieder.

Hubert Schommer (links) vom Losheimer Heimatverein schenkte der Seniorenresidenz mehrere Bücher und Hefte über Losheim und Umgebung. Bewohnerinnen wie Erika Jakobs-Merziger (stehend) erkennen darin vieles von früher wieder.

Foto: SZ/Werner Krewer

Gemütliche Sessel und Stühle stehen rund um ein altes Bücherregal. In diesem und auf einem kleinen Tisch liegen und stehen rund 40 Bücher und Broschüren. In ihnen dargestellt wird die Geschichte von Losheim und dem Kreis Merzig-Wadern. Texte und Bilder zeigen, wie es früher in der Gegend war. Genau an diese früheren Zeiten erinnern sich viele der Menschen, die die kleine Leseecke nutzen: die Bewohner des Seniorenheims Residenz in Losheim.

„Das hier ist der damalige Bahnhof“, erklärt Erika Jakobs-Merziger, als sie die Titelseite eines Bildbandes sieht. Direkt gerät die 93-Jährige ins Erzählen: „Da bin ich lange eingestiegen, weil ich nach Merzig in die Schule gefahren bin.“ Gemocht hat sie die Zugfahrten allerdings nicht – und zwei Mal habe sie den Zug sogar verpasst, schmunzelt sie.

Genau diesen Effekt haben die Bücher, insbesondere die Fotos darin, auf viele ältere Menschen, erklärt Residenzleiter Thorsten Sprengart. Sie wecken Erinnerungen und bringen die Menschen zum erzählen. Als „ein richtiges Erlebnis“ bezeichnet er den Tag, als die Bewohner die Bücher zum ersten Mal inspiziert hatten. Eine demenzkranke Frau habe zum Beispiel ihre Mutter auf einem der Fotos entdeckt. „Das war beeindruckend“, befindet er und lobt: „Gerade für demenzkranke Leute sind solche Bücher ein Stück Heimat.“

Die Bücher sind ein Geschenk des Losheimer Heimatverbandes. In den beiden Losheimer Einrichtungen sowie in Waldhölzbach wurden bereits Leseecken eingerichtet, erklärt der Vereinsvorsitzende Hubert Schommer. Britten soll in naher Zukunft hinzukommen. Die Büchersammlung, die der Verein zur Verfügung stellt, hat einen Gesamtwert von etwa 400 Euro pro Heim. Enthalten sind unter anderem Jahrbücher, Spezialitäten wie ein Britter Wörterbuch und die besonders beliebten Bildbände.

Viele von den dort abgebildeten Fotos sind Johanna Jacobs bestens bekannt – denn ihr Mann, selbst Familienforscher, hat viele davon gemacht. Insofern erkennt die 94-Jährige viel wieder und kann einiges genau erläutern. „Hier ist Losheim noch sehr klein“, berichtet sie zu einer alten Aufnahme des Ortes, „das ist die Rissenthaler Straße, die ist jetzt zugebaut.“ Gemeinsam blättern Jakobs-Merziger und Jacobs, die sich seit Jugendzeiten kennen, durch den Bildband – und stoßen dabei auf eine Vielzahl von Erinnerungen. „Das war die Volksschule“, erzählt Jacobs und zeigt auf das Gebäude, ihre Freundin ergänzt: „Und da war die Feuerwehr.“ Gemeinsam erinnern sich die Frauen an das „kaiserliche Postamt“ und natürlich „Schmittchens Mariechen“, die in der Gaststätte des Hotels Schmitt gearbeitet hat. „Sie war rundum in allen Orten bekannt“, erinnert sich Jakobs-Merziger.

Schließlich entdecken die beiden Frauen auf einem Foto sogar Jakobs-Merziger selbst auf einem Gruppenbild vom Reichsarbeitsdienst. Und auch das weckt in ihr Erinnerungen, die sogar bis heute anhalten: „Ich habe heute noch eine Freundin aus der Zeit beim RAD“, erzählt sie. Die wohne in Waltrop bei Dortmund – und die beiden telefonieren noch heute fast täglich.

Die vielen Gespräche zeigen: Schommers Vorhaben ist aufgegangen. „Wir haben überlegt, wo Interesse vorhanden ist“, erläutert er die Grundidee der Aktion. Alle der zwischen 75 und 80 Bewohner der Residenz spricht das Angebot allerdings nicht an, denn manche sind nicht in Losheim aufgewachsen und können insofern mit dem Material nichts anfangen. Aber „manche sind gebürtig aus Losheim oder sind weggezogen und kommen dann wieder“, erläutert Sprengart. Wenn diese dann die alten Fotos sehen, „geht es los, dass die Leute erzählen, auch aus ihrer Kindheit“. Und so werden die Erinnerungen immer wieder aufs Neue geweckt.

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