Weltbild passt der Kirche nicht

Frankfurt. Der deutsche Buchmarkt steht vor einem erneuten Veränderungsschub und noch mehr Konzentration: Der geplante Verkauf der katholischen Weltbild-Gruppe wird die Machtverhältnisse im Buchhandel und auf Verlagsebene ändern

Frankfurt. Der deutsche Buchmarkt steht vor einem erneuten Veränderungsschub und noch mehr Konzentration: Der geplante Verkauf der katholischen Weltbild-Gruppe wird die Machtverhältnisse im Buchhandel und auf Verlagsebene ändern. Weltbild ist durch die Fusion mit Hugendubel zur DBH im Jahr 2006 zu Deutschlands größtem Buchhändler mit rund 500 Filialen und 700 Millionen Euro Umsatz aufgestiegen. Im Internet-Buchhandel ist Weltbild hinter Amazon die Nummer zwei. Auch wenn sich die Augsburger Weltbild-Gruppe unter ihrem Chef Carel Halff in Sachen Verkauf noch zurückhaltend gibt, gilt es in Branchenkreisen als sicher, dass sich die katholischen Bistümer von ihrer erfolgreichen, aber eher ungeliebten Tochter trennen wollen. Zu sehr hat sich Weltbild mit einem im Discounter-Stil populär ausgerichteten Programm von den religiösen Zielen entfernt. "Die Kirche besinnt sich auf ihr Kerngeschäft", sagt Stephan Füssel, Professor für Buchwissenschaft, an der Universität Mainz. Die Weltbild-Bücher spiegelten für die Bischöfe nicht genug das christliche Weltbild wider. Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" merkte trocken an: "Kein Bischof kann sich den Weltbild-Katalog auf den Nachttisch legen, er würde nach der Lektüre kein Auge zumachen." Bei den Verlagen gilt Weltbild derzeit als Nummer sechs in Deutschland. Als möglicher Käufer für Weltbild oder zumindest von Teilen des Konzerns kommen die anderen Branchen-Riesen in Frage, darunter Bertelsmann. Doch der Gütersloher Medienkonzern sorgte diese Woche selbst wieder mal für Spekulationen, er wolle seinen seit langem schwächelnden Buchclub in Deutschland verkaufen (wir berichteten). Dann bleiben vor allem noch Thalia übrig, als schärfster Rivale von DBH im deutschen Buchhandel praktisch gleichauf, und der Holtzbrinck-Konzern. Thalia, das zum Parfümeriekonzern Douglas gehört, baut derzeit systematisch seine Marktmacht aus und hat derzeit 277 Buchhandlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Der Umsatz lag im Geschäftsjahr 2006/2007 nach eigenen Angaben bei knapp 700 Millionen Euro.Zu Holtzbrinck gehören führende deutsche Publikumsverlage wie Rowohlt oder S. Fischer. Sicher ist, dass die Konzentration im deutschen Buchhandel weiter zunehmen wird. Derzeit kommen die Top Ten im deutschen Buchmarkt nach einer noch unveröffentlichten Branchenstudie der Dresdner Bank auf etwa 20 Prozent des Gesamtumsatzes. Banken-Analyst Heß sieht noch Potenzial: "In den USA bringen es die beiden Großen auf fast zwei Drittel des Umsatzes." Allerdings stärkt die Buchpreisbindung in Deutschland immer noch kleine Buchhändler. Ohne Preisbindung wäre Deutschland - da ist sich der Banken-Analyst mit dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels einig - amerikanischen Verhältnissen viel näher.

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