Gesunde Ernährung fürs Herz Welche Lebensmittel das Herz schützen

München · Herzspezialisten haben jetzt neue Erkenntnisse zu einer gesunden Ernährung vorgestellt. Dabei gab es eine dicke Überraschung.

 Ein gutes Stück Fleisch mit reichlich Gemüse dazu genießen auch Kardiologen ohne schlechtes Gewissen. Denn diese Kombination auf dem Teller ist nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen gesund fürs Herz. Auch Milchprodukte sind empfehlenswert.

Ein gutes Stück Fleisch mit reichlich Gemüse dazu genießen auch Kardiologen ohne schlechtes Gewissen. Denn diese Kombination auf dem Teller ist nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen gesund fürs Herz. Auch Milchprodukte sind empfehlenswert.

Zu einer gesunden Ernährung, die das Leben verlängern kann, zählen auch gutes Fleisch, das nicht industriell verarbeitet wurde, sowie Milchprodukte. Das sind die Erkenntnisse aus einer aktuellen Studie, die Professor Dr. Salim Yusuf von der McMaster-Universität in Hamilton, Kanada, auf dem Europäischen Kongress für Kardiologie Ende August in München vorgestellt hat.

Anders als gedacht Der Herzspezialist erklärte, eine Ernährung, die der Herzgesundheit zugute komme, unterscheide sich häufig von dem, was viele für gesund hielten. „Unsere Ergebnisse zeigen zum Beispiel, dass Milchprodukte und nicht verarbeitetes Fleisch gesund fürs Herz sind und zur Langlebigkeit beitragen. Das weicht von vielen herkömmlichen Ernährungsempfehlungen ab.“ Zum Fleisch, das nicht weiter verarbeitet und daher als Bestandteil einer herzgesunden Ernährung beitragen kann, zählen zum Beispiel Schnitzel, Steaks, Gulasch oder Braten. Verarbeitetes Fleisch hingegen wie Wurst, geräucherter Schinken, gepökeltes Fleisch, Hackfleischprodukte oder Fleischkonserven könnte dem Herzen und den Blutgefäßen schaden. Durch die darin enthaltenen Salze, das Pökeln oder Räuchern können krebserregende Stoffe, zum Beispiel Nitrosamine, entstehen.

Weltweit gültige Empfehlungen Salim Yusuf und sein Team hatten fünf Studien mit mehr als 218 000 Teilnehmern aus über 50 Ländern auf fünf Kontinenten ausgewertet. Die Forscher wollten herausfinden, welche Bestandteile eine Ernährung enthalten sollte, die die Herzgesundheit und Langlebigkeit fördert. Die Ergebnisse sind besonders interessant, weil es bisher nur wenige Informationen darüber gibt, was die Menschen weltweit essen und wie sich das auf die Herzgesundheit auswirkt. „Empfehlungen für eine hochwertige Ernährung, die Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugen kann, basieren häufig auf Studien, die vor Jahrzehnten in Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt wurden“, erläuterte Yusuf. „Da jetzt Teilnehmer aus unterschiedlichen Gegenden der Welt einbezogen waren, sind unsere Ergebnisse global gültig.“

Nachdem die kanadischen Wissenschaftler herausgefunden hatten, welche Ernährungsweisen am häufigsten zu einer Herz-Kreislauf-Erkrankung, darunter Herzinfarkt und Schlaganfall, führten und welche Nahrungsmittel hingegen das Herz schützen, können sie eine klare Empfehlung aussprechen. Demnach haben Menschen, die regelmäßig Gemüse, Obst, Nüsse, Fisch, Milchprodukte und hochwertiges, unverarbeitetes Fleisch verzehren, das niedrigste Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden und daran zu sterben.

Kein Freibrief für Völlerei Der Kardiologe und Internist Professor Dr. Ulf Landmesser von der Uniklinik Berlin betont allerdings: „Die Studienergebnisse sind kein Freibrief für einen übermäßigen Fleischkonsum, sondern ein Plädoyer für eine ausgewogene Ernährung. Denn in den wohlhabenden Ländern ist der Fleischkonsum aus Sicht der Herzmedizin tendenziell viel zu hoch. Auch sollte der Fettanteil der Milchprodukte nicht zu hoch sein. Zu viel fetter Käse zum Beispiel ist nicht ideal.“

Richtige Zubereitung wichtig Darmforscher treibt schon seit vielen Jahren die Frage um, ob ein hoher Fleischkonsum das Darmkrebsrisiko erhöht. Einige Studien sind zu dem Schluss gekommen, dass bei Portionen von mehr als 130 Gramm rotem Fleisch täglich (Schwein, Rind, Kalb, Schaf, Lamm) mehr Tumore im Darm der Teilnehmer zu finden sind. Andere Studien haben keinen Zusammenhang entdeckt.

Eine Erkenntnis zeichnet sich in der Darmforschung ab: Wenn ausgeprägter Fleischkonsum zu Darmkrebs führt, hat das offenbar viel damit zu tun, wie das Fleisch zubereitet wird. Fettes Fleisch, das sehr stark erhitzt wird, steigert eindeutig das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. Beim übertriebenen Erhitzen, wie das oft beim Grillen und Schwenken passiert, bilden sich Stoffe – zum Beispiel polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) –, die sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen haben. Intensiv erforscht wird derzeit eine andere Gruppe von potenziell krebsauslösenden Stoffen, die heterozyklischen Amine (HCA). Sie entstehen beim Erhitzen von eiweißreichen Lebensmitteln wie Fisch und Fleisch. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um rotes oder weißes Fleisch (Geflügel, Kaninchen) handelt.

Zu einem völligen Verzicht auf Fleisch rufen die Darmexperten nicht auf. Als Richtwert nennt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung maximal 600 Gramm pro Woche. Das wären drei Portionen wöchentlich.

Kaum herzgesunde Lebensmittel In den Regalen deutscher Einkaufsmärkte finden Kunden nur wenige Lebensmittel, die gesund fürs Herz sind. Das hat eine Untersuchung von Wissenschaftlern der Universitäten Halle, Jena und Leipzig ergeben. In allen großen Warenhäusern, Supermärkten und Discountern der Stadt Halle (Saale) nahmen die Experten das Angebot an sämtlichen Fleisch-, Milch- und Eiprodukte unter die Lupe. Gerade diese Nahrungsmittel haben großen Einfluss auf die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems. Die Forscher prüften auch, ob die ausgewählten Lebensmittel mit gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffen angereichert sind, die das Lebensmittelrecht erlaubt.

Von den 6281 Fleischprodukten waren nur 118 potenziell herzgesund, von den 12 417 geprüften Milch- und Eiprodukten waren es 198. Anders gesagt enthalten nur 1,9 Prozent der Fleischerzeugnisse und 1,6 Prozent der Milch- und Eiprodukte gesunde Inhaltsstoffe, die dem Herz zugute kommen.

Über 40 Prozent der Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Deutschland lassen sich auf eine unausgewogene Ernährung zurückführen. In Deutschland leiden etwa 1,6 Millionen Menschen an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und etwa 24 Millionen unter Bluthochdruck. „Einerseits nehmen die Menschen zu wenig gesunde Lebensmittel zu sich, zum Beispiel Gemüse, Hülsenfrüchte und Obst. Andererseits enthalten gerade Fleischwaren und andere hochverarbeitete Lebensmittel viele problematische Inhaltsstoffe, etwa sehr viel Salz, Zucker oder gesättigte Fettsäuren“, sagt der Ernährungswissenschaftler Dr. Toni Meier von der Universität Halle.

Für Qualität zahlen Kunden mehr Die Forscher vom „Kompetenzcluster für Ernährung und kardiovaskuläre Gesundheit“, zu dem sich die drei Universitäten zusammengeschlossen haben, plädieren für „neue Lebensmittel mit einer verbesserten Rezeptur“. Dazu gehören gesundheitsförderliche Zusätze wie Ballaststoffe, ungesättigte Fettsäuren oder pflanzliches Eiweiß. Hingegen sollte der Salz- oder Zuckergehalt deutlich reduziert werden. Eine weitere Erhebung der Forschergruppe hat gezeigt, dass viele Kunden, die Wert auf eine ausgewogene Ernährung legen, bereit sind, für gesündere Lebensmittel 50 bis 60 Prozent höhere Preise zu bezahlen.

„Neben der Aufklärung über die Auswirkungen der Ernährung auf die Gesundheit ist es besonders wichtig, dem Verbraucher auch im Supermarkt gesündere und gleichwohl geschmacklich hervorragende Produkte anzubieten, mit denen Herz-Kreislauf-Erkrankungen wirksam vorgebeugt werden kann“, sagt der Koordinator des Forschungsclusters, Professor Dr. Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Jena. „Nur wenn entsprechende Lebensmittel im Handel verfügbar sind, können Vorbeugemaßnahmen auch flächendeckend und über alle sozialen Schichten hinweg wirken. „Die gegenwärtigen Angebote werden dem Bedarf der Bevölkerung jedoch nicht im Geringsten gerecht.“

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