Wasgau-Chef in Wut

Pirmasens · Die Preisspirale im Lebensmittelhandel dreht sich immer weiter nach unten. Diesen Trend hält Alois Kettern, Chef der Handelskette Wasgau, für grundfalsch. Er sieht die Existenzen vieler Landwirte und Lebensmittel-Hersteller bedroht.

 Wasgau eröffnet weitere Märkte an der Saar. Unser Bild zeigt den Markt in Gersweiler. Foto: Dietze

Wasgau eröffnet weitere Märkte an der Saar. Unser Bild zeigt den Markt in Gersweiler. Foto: Dietze

Foto: Dietze

. Alois Kettern ist am 1. April seit 50 Jahren im Einzelhandel tätig. Eine Karriere vom Kaufmann im Groß- und Außenhandel bis zum Vorstandschef der Pirmasenser Wasgau AG, die 83 Lebensmittelmärkte und sieben Cash & Carry Märkte unterhält und schwerpunktmäßig im Saarland und der Pfalz tätig ist. In der gestrigen Bilanz-Pressekonferenz schlug er plötzlich mit der Faust auf den Tisch. "Gesunde Lebensmittel haben ihren Preis", schimpfte er angesichts ständig weiter fallender Preise, an denen die Discounter Schuld seien. "Wie kann man sich als Aldi als Samariter der billigsten Preise loben und gleichzeitig einer der reichsten Menschen in Europa sein. Da stimmt was nicht." Die Preispolitik von Aldi und anderen "können wir nicht mehr nachvollziehen. Wir wissen nicht, wie so etwas geht. Der Markt gibt das nicht her."

Die Preisspirale "geht ins Unendliche nach unten. Kleine und mittlere Betriebe können da nicht mehr durchhalten." Kettern erwartet deshalb, dass immer mehr regionale Lebensmittel-Produzenten aufgeben müssen. "Mit redlichen Mitteln kann sich ein Landwirt heute nicht mehr halten, wenn das so weitergeht." Kein Landwirt, kein Winzer könne unter einem Preis verkaufen, der ihm ein Einkommen sichert. "Ich kann als Winzer keinen Liter Wein zu einem Preis von 98 Cent verkaufen. Da muss er panschen, oder es ist Zucker drin." Es sei nicht mehr sicher, dass ausländische Produzenten "Premium-Früchte nach Deutschland schicken. Der deutsche Lebensmittelhandel ist im Ausland bekannt dafür, dass es nur um den Preis geht", so Vorstand Eugen Heim. Deutsche Bio-Erzeuger liefen Gefahr, kaputtzugehen, während man dann "Bio aus China und Indien kauft".

Qualitätsmängel aus Spargründen setzten sich bis in Krankenhäuser fort. "Köche in den dortigen Großküchen müssen gehen. Dafür kommen Caterer rein, die 10 000 Essen kleistern. Ob das gesund ist, bezweifle ich", so Kettern. "Die Aussage: Im Krankenhaus wird man krank, kommt nicht von ungefähr." Die Sozialminister der Länder müssten eingreifen. "Der Tagessatz in der Gemeinschaftsverpflegung im Krankenhaus kann nicht den Anspruch erheben, dass nur gesunde Lebensmittel auf den Tisch kommen." Hier sei auch ein Stopp des Spardiktats der Krankenkassen gefordert.

Kettern schimpfte nicht nur. Er hatte auch Positives zu sagen, obwohl die Handelskette Wasgau ein schwieriges Jahr 2013 hinter sich hat. Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen sank von 8,1 auf 5,9 Millionen Euro. Unter dem Strich blieben 1,7 Millionen Euro - 26,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Für dieses Jahr erwartet Kettern wieder ein deutlich besseres Ergebnis. Und Wasgau will weiter wachsen und neue Filialen eröffnen - so 2014 einen Markt in Kirkel und Ende 2015 im Zentrum Saarbrückens.

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