Teure Wahlversprechen Roms Populisten feiern Italiens neue Schulden

Rom · (dpa) Die Populisten in Italien triumphieren, wieder einmal. „Heute ist ein historischer Tag! Heute hat sich Italien gewandelt!“, schreibt der Chef der regierenden Fünf-Sterne-Bewegung in Italien, Luigi Di Maio, am Donnerstagabend auf Facebook.

 Vizepremier Luigi Di Maio auf dem Balkon des Chigi-Palastes.

Vizepremier Luigi Di Maio auf dem Balkon des Chigi-Palastes.

Foto: dpa/Alessandro Di Meo

Gerade hat er mit seinem Vizepremier-Kollegen Matteo Salvini verkündet, dass die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone im kommenden Jahr deutlich mehr Schulden machen will. Nicht so kleinkariert sein, stattdessen alles für das Volk tun. So lautete die Vorstellung von Di Maio für die Haushaltsplanung – und so geht die Erzählung nun weiter.

Wie viele Schulden das Land 2019 machen wird, ist ein wichtiger erster Parameter für den Haushalt, den die fast vier Monate alte Regierung im Oktober erst der EU-Kommission und den EU-Finanzministern und dann dem Parlament vorgelegen muss. Auch wenn Italien mit einer Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht die harte Grenze von drei Prozent einreißen will, setzt die Regierung ein deutliches Zeichen. Ihre Vorgänger hatten 0,8 Prozent veranschlagt.

Das hoch verschuldete Land hat wenig finanziellen Spielraum, die Parteien haben ihren Wählern aber viele und vor allem kostspielige Versprechungen gemacht. Ein Grundeinkommen für Niedrigverdiener, geringere Steuern und höhere Renten? „Kein Problem“, schrieb die Fünf-Sterne-Bewegung schon vor der Wahl im März, die sie zum Sieger machte. „Wir werden das Geld finden“, sagte Di Maio diese Woche in einem Zeitungsinterview. Zehn Milliarden sollen nun etwa für die Einführung des Bürgereinkommens aufgewendet werden.

Di Maio und Salvini hätten den Widerstand des Finanzministers gebrochen, kommentieren die Medien. Der Hüter über die Staatsfinanzen, Giovanni Tria, ist ein Technokrat – und gilt seit der Regierungsbildung im Juni als Garant für Haushaltsdisziplin. Er betont immer wieder die Notwendigkeit der Senkung der Staatsverschuldung.

Innerhalb der Eurozone gebe es ein Problem, und das Problem heiße Italien, sagte der EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici unlängst noch. Wachstum und Investitionen in dem Land schwächeln, auf die Bankbilanzen drücken zudem nach wie vor zahlreiche faule Kredite – auch wenn es hier in den vergangenen Jahren Fortschritte zu verzeichnen gab. Die oft verkündete Spendierfreudigkeit der neuen Regierung hat außerdem die Märkte nervös gemacht. Sollte Italien tatsächlich die Zahlungsunfähigkeit drohen, dürften die Folgen in ganz Europa zu spüren sein. Die bisherige Antwort aus Rom: Die EU dürfe Italien nicht im Weg stehen, um seine Wirtschaft wiederzubeleben.

Dabei sind sich Experten grundsätzlich einig, dass Italien mehr Wachstum braucht. Bei den Mitteln der Wahl sehen sie die Regierung in Rom jedoch auf einem Holzweg. „Angesichts niedriger Produktivität muss Italien es schaffen, mehr Menschen in Arbeit zu bringen, vor allem Frauen“, sagt die Finanzwissenschaftlerin Veronica De Romanis. „Es braucht nicht höhere Pensionen und mehr Zuschüsse für Arbeitslose, um über die Runden zu kommen.“

 Die Ideen der Regierung seien politisch einleuchtend, sagt indes der Wirtschaftswissenschaftler Gustavo Piga. „Vom Grundeinkommen würden vor allem Menschen im ärmeren Süditalien profitieren, wo die Sterne-Bewegung viele Wähler hat. Und Rentenänderungen würden vor allem älteren Wählern aus der Arbeiterschicht zugute kommen, einer Kernklientel der Lega.“ Die Pläne der seien ökonomischer Unsinn. „Aber es ist nachvollziehbarer Unsinn.“

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