Was ein Dichterglück: Auch mit 88 noch lange nicht altersmilde

Saarbrücken · Ein Buch pro Jahr ist für den Saarbrücker Dichter und Zeichner Roland Stigulinszky quasi Pflicht: Sein jüngstes, „Na wenn schon“, ist eine wunderbar heiter bis melancholische Gedichtsammlung des 88-Jährigen.

Das tägliche Gedicht: Für Roland Stigulinszky ist das so selbstverständlich und auch nötig wie das täglich' Brot: Nahrung für Kopf wie Bauch; der denkende Mensch braucht beides. Und so hat der Dichter, Grafiker, Werber, Satiriker, Zeichner, Flieger, Karikaturist, Kleinstverleger - um all seine Taten und Talente aufzuzählen reicht der Platz hier nicht - gerade wieder ein neues Büchlein mit Gedichten vorgelegt. "Na wenn schon" heißt es lapidar und im Untertitel ganz stigulinszkyös "PaarJahreDiarium". Mithin also eine Lyrikernte aus ein paar Jahren.

Das Schönste aber an den 132 Seiten ist: Auch mit 88 Lenzen (und den zugehörigen übrigen Jahreszeiten) ist "stig" zum Glück nicht allzu altersmilde mit der Welt, mit uns und auch mit sich selbst. Die Typen seiner Schreibmaschine treffen immer noch kritisch jene Punkte, auf die es ankommt, der Dichtergeist bleibt gewitzt. "Christus kam nur bis Lambarene. Er kam nicht bis Lampedusa.": Treffender, schärfer vermag man in 17 knappen Haiku-Silben die einstige Menschlichkeit eines Albert Schweitzer und die heutige Unmenschlichkeit der EU an ihrer Südgrenze kaum zu kontrastieren. Ob Klimawandel, NSA-Abhörskandal, Extremismus oder Politikverdrossenheit: Was auch immer Stigulinszky aufregt, schief läuft, reimt er wieder zurecht. Und er, dieser so angenehm lebensfrohe Pessimist, kann auch im Ernsten noch das Heitere finden. So sind seine Verse im besten Sinne moralisch, nie aber moralinsauer.

Natürlich lässt auch Roland Stigulinszky sein eigenes Alter nicht unbeeindruckt: Etliche Gedichte des in acht Kapiteln von "Philosophie" bis "Liebe" lose gegliederten und wieder im Eigenverlag "SCW Auer-Sällef" erschienenen Bandes, widmen sich der - rückblickend - immer rasanter scheinenden Lebensfahrt. Auch den Altersmühen und der Frage, was bleibt von einem außer dem, was anderen von einem in Erinnerung bleibt? Gewiss ist: Auch Stigulinszky kennt darauf keine letztgültige Antwort. Aber er schreibt doch Zeilen, die Bestand haben wie diese: "Im Alter wird sogar die Hoffnung zahm". Wem das dennoch zu melancholisch tönt, der findet ein paar Seiten weiter auch das satirische Gegenmittel: "Was gibt's'n fürn Bier zum Jüngst'n Gericht?!". Ein Schelm, wer Letztes so beschreiben kann.

Roland Stigulinszky: Na wenn schon. SCW Auer-Sällef, 132 Seiten. Der Privatdruck ist ausschließlich beim Autor, Rußhütter Straße 10, 66113 Saarbrücken, erhältlich.

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