gesund leben Warum Darmbakterien Übergewicht fördern können

Potsdam · (ml) Es ist bereits bekannt, dass bestimmte Darmbakterien das Körpergewicht beeinflussen können. Entweder tragen sie zu einem gesunden Gewicht bei oder sie fördern Übergewicht.

 Die Aufnahme zeigt einen aus Stammzellen gezüchteten Mini-Mausdarm. Die Darmzellen sind blau dargestellt. Die violetten Strukturen sind ein spezieller Typ von Darmzellen, die den Botenstoff Serotonin bilden können. Bestimmte Darmbakterien kurbeln die Bildung von Serotonin an.

Die Aufnahme zeigt einen aus Stammzellen gezüchteten Mini-Mausdarm. Die Darmzellen sind blau dargestellt. Die violetten Strukturen sind ein spezieller Typ von Darmzellen, die den Botenstoff Serotonin bilden können. Bestimmte Darmbakterien kurbeln die Bildung von Serotonin an.

Foto: Deutsches Institut für Ernährungsforschung/Ana Mandic

Eine Forschergruppe der Universität von Kalifornien in Los Angeles geht davon aus, dass bestimmte Darmbakterien zwei Prozent mehr Energie aus der Nahrung holen. Das entspricht 40 zusätzlichen Kilokalorien am Tag. Das erscheint auf den ersten Blick wenig zu sein. Doch pro Jahr wären das etwa 1,6 Kilogramm zusätzliches Fett, die ein Mensch ansetzt. In zehn Jahren wären es bereits 16 Kilogramm.

Wie diese Effekte zustande kommt, ist bisher kaum verstanden. Wissenschaftler des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam haben nun in Versuchen mit Mäusen herausgefunden, dass das Bakterium Clostridium ramosum die Darmzellen der Tiere dazu bringt, vermehrt den Botenstoff Serotonin auszuschütten. Das Serotonin führt dazu, dass mehr Fett aus dem Darm ins Blut gelangt, wodurch die Fettpolster schneller wachsen.

Das Bakterium Clostridium ramosum ist zehn Mikrometer groß und somit rund 100-mal kleiner als ein Sandkorn. Clostridien kommen verstärkt im Darm übergewichtiger Menschen vor. Bisher wurde nur in Tierversuchen nachgewiesen, dass diese Bakterien dick machen. „In früheren Studien mit Mäusen haben wir bereits beobachtet, dass Clostridium ramosum Übergewicht fördert, indem es die Zahl der Fettsäuretransporter im Darm erhöht“, sagt Professor Dr. Michael Blaut vom Institut für Ernährungsforschung. Bei diesen Transportern handelt es sich um bestimmte Proteine, die Fettsäuren aus dem Darm ins Blut überführen.

Diese Spur haben die Forscher jetzt weiter verfolgt. Sie haben dafür Mäuse und Darm-Organoide untersucht. Organoide werden aus Stammzellen gewonnen. Sie sind im Labor gezüchtete Vorstufen voll entwickelter Organe. Darm-Organoide weisen ähnliche Eigenschaften wie normales Darmgewebe auf, weshalb sie auch als Mini-Därme bezeichnet werden.

Die Potsdamer Forscher haben herausgefunden, dass Clostridium ramosum den Darm der Tiere dazu bringt, vermehrt spezialisierte Zellen zu bilden, die den Botenstoff Serotonin produzieren. Das Bakterium kann also die Konzentration von Serotonin im Darm erhöhen und die Anzahl der Fettsäuretransporter steigern. Das könne bei Maus und Mensch zu Übergewicht führen, erklären die Forscher. „Die Studie zeigt einmal mehr, wie stark der Einfluss einer einzelnen Bakterienspezies im Darm sein kann“, sagt Michael Blaut.

Insbesondere eine Ernährung mit viel Fett kann problematisch sein. Denn das Bakterium vermehrt sich bei fettreichem Essen optimal. Die Ergebnisse lieferten einen wichtigen Hinweis darauf, dass die Ernährung großen Einfluss darauf habe, welche Bakterien sich im Darm ansiedelten, sagt Dr. Ana Mandic, die fast drei Jahre an dem Projekt gearbeitet hat.

Im nächsten Schritt soll geprüft werden, in welchem Maße Clostridium ramosum beim Menschen zu Übergewicht beiträgt. Zudem wollen die Forscher herausfinden, ob das Bakterium durch eine bestimmte Ernährung und andere Mikroorganismen im Darm ausgebremst werden kann.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort