Wandaktien statt Kunstwerke

Hamburg. Die Neuigkeit platzte mitten in die Ausstellungsvorbereitungen für die Hamburger Schau: Mark Rothkos Gemälde "White Center" erzielte beim Auktionshaus Sotheby's in New York im Mai 2007 die Rekordsumme von 72,8 Millionen Dollar. Der Wegbereiter der Farbfeldmalerei (1903-1970) gehört seitdem zu den zehn teuersten Künstlern der Welt

 Mark Rothkos Bilder gehören zu den teuersten der Welt. Hier seine "Nr. 12" aus dem Jahr 1951. Foto: Museum

Mark Rothkos Bilder gehören zu den teuersten der Welt. Hier seine "Nr. 12" aus dem Jahr 1951. Foto: Museum

Hamburg. Die Neuigkeit platzte mitten in die Ausstellungsvorbereitungen für die Hamburger Schau: Mark Rothkos Gemälde "White Center" erzielte beim Auktionshaus Sotheby's in New York im Mai 2007 die Rekordsumme von 72,8 Millionen Dollar. Der Wegbereiter der Farbfeldmalerei (1903-1970) gehört seitdem zu den zehn teuersten Künstlern der Welt. Man sollte meinen, die Museumsleute wären glücklich über eine derartige Preisentwicklung - eine bessere PR kann man sich ja kaum wünschen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. "Die hohen Preise verstellen den Blick auf das Wesentliche", sagt Oliver Wick, Rothko-Experte und Kurator der Schau. Das gelte zwar für alle Künstler, aber für den US-Amerikaner ganz besonders. "Rothko wollte die Menschen mit seiner Kunst berühren. Eine intensive Beziehung zwischen Betrachter und Bild schaffen - eine Bild-Ehe". Diese Verschmelzung könne nun nicht mehr stattfinden, da oft nur noch das Kunstwerk als Wandaktie gesehen werde.

Die exorbitanten Preise machen es den Kuratoren zudem immer schwerer, hochkarätige Ausstellungen zusammenzustellen. Für die kostbaren Werke werden zwar Versicherungen abgeschlossen, doch die Prämien sind mittlerweile kaum noch bezahlbar. Und mit jedem neuen Rekord steigen sie weiter. Vor zwei Monaten wurde Francis Bacons "Triptych, 1976" bei Sotheby's für 86,3 Millionen Dollar versteigert und rückte in die Liste der zehn teuersten Gemälde der Welt auf. Zehn Gemälde dieser Liga addieren sich schon zu 850 Millionen Dollar und somit eine Versicherungsprämie von 850 000 Dollar, was jedes noch so fürstliche Ausstellungs-Budget lächerlich klein aussehen lässt. Retrospektiven von Publikumsrennern wie Picasso, Renoir oder Van Gogh können die Museen nur noch mit Staatshaftung realisieren. Auch Rothkos Werk, das in Hamburg nun mit über 70 Gemälden und 40 Arbeiten auf Papier präsent ist, wird in diesem Umfang in Europa daher wohl zum letzten Mal zu sehen sein.

Aber nicht nur bei den Alten Meistern und modernen Klassikern jagt ein Rekord den nächsten. Auch die jungen Superstars erleben eine schwindelerregende Preisentwicklung, was Experten abenteuerlich finden. "Wenn ein Künstler, der 2002 noch 2000 Euro gekostet hat, jetzt für fast eine Million Dollar weggeht, kann ich das nicht ernst nehmen", sagt Rik Reinking (32). Der Hamburger Sammler gab bei einer Podiumsdiskussion über Kunstinvestment Ende April ein Beispiel für die grotesken Auswüchse des Kunstmarkt-Hypes zum Besten: Da hätte ein Sammler angerufen und nachgefragt, ob Reinking Werke des Malers beschaffen könne, der gerade einen neuen Rekord erzielt habe. Der Auftraggeber wusste Auktionshaus und Summe, aber nicht den Namen des Künstlers. Sollte es zufällig Mark Rothko gewesen sein, so ist dieser sicher im Grab rotiert. Für kein Geld der Welt hätte er eines seiner Bilder an einen Kunstbanausen verkauft. Rothko litt schon zu Lebzeiten unter dem Kunstmarkt und verzichtete lieber auf lukrative Großaufträge, als Gefahr zu laufen, seine Gemälde als Dekorations- oder Spekulationsobjekte missbraucht zu sehen.

Läuft bis 14. September.

Auf einen Blick

Hier eine Liste der teuersten Gemälde der Welt:

Jackson Pollock, "No 5, 1948" , 140 Mio. Dollar; Gustav Klimt, "Adele Bloch-Bauer I", 135 Mio. Dollar; Pablo Picasso, "Junge mit Pfeife", 104,2 Mio. Dollar sowie "Dora Maar mit Katze", 95,2 Mio. Dollar; Gustav Klimt, "Portrait of Adele Bloch-Bauer II", 87,9 Mio. Dollar; Francis Bacon, "Triptych", 1976, 86,3 Mio. Dollar; Vincent van Gogh, "Portrait des Dr. Gachet", 82,5 Mio. Dollar.

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