Wagner, Castorf und ein bisschen Wallung am Grünen Hügel

Bayreuth · Man muss Frank Castorf ja fast schon dankbar sein - für wenigstens ein bisschen Wallung am Grünen Hügel. Ohne den Berliner Volksbühnen-Chef und "Ring"-Terminator vom Vorjahr drohte es im Jahre eins nach Richard Wagners Zweihundertstem doch eine allzu ruhige Bayreuther Saison zu werden.Keine Neuinszenierung steht an.

Heute Nachmittag starten die Festspiele mit Sebastian Baumgartens recht dürftigem Öko-"Tannhäuser" von 2011. Der übliche Promi-Auftrieb fällt auch spärlicher aus: Die Kanzlerin kommt jedenfalls nicht zur Eröffnung. Vor allem aber steht Katharina Wagner nun bald alleine an der Spitze der Festspiele; ihre Halbschwester und Mit-Chefin Eva Wagner-Pasquier zieht sich zurück. Damit erfüllt sich doch noch Wolfgang Wagners letzter Wille; der 2010 verstorbene Festspielpatriarch favorisierte klar seine jüngste Tochter als Nachfolgerin. Nun also ist der Einfluss des amtierenden Zweigs im Wagner-Clan bis 2020 gefestigt, bis dahin wurde Katharinas Vertrag verlängert.

Da scheint nun wieder vieles zementiert in Bayreuth und für Querköpfe wie Castorf schrumpft die Agitationsfläche. Wenigstens im "Spiegel" durfte er Anfang der Woche mal richtig losrüpeln: Das seien "DDR-ähnliche Verhältnisse" giftete er in Richtung der Wagner-Halbschwestern. Castorf war vor allem empört, weil der "Alberich" ohne ihn zu fragen umbesetzt worden sei. Der ihm genehme Martin Winkler wurde gegen Oleg Bryjak ausgetauscht. "Angst, Vorsicht und vorauseilender Gehorsam" herrsche im Festspielhaus, so Castorf und monierte das wenig veränderungsfreundliche Klima. Allerdings auch Castorf wiederholt sich gerne mal. Schon 2013 polterte er: "Bayreuth ist pure DDR."

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