VW und Porsche profitieren von Schlupfloch

Stuttgart/Wolfsburg. Eine Lücke im Steuergesetz dürfte in den Chefetagen von Volkswagen und Porsche wahre Jubelstürme auslösen. Monatelang hatten die beiden Unternehmen darüber gebrütet, wie sich das Sportwagengeschäft der Schwaben möglichst günstig bei den Wolfsburgern eingemeinden lässt. Die Hürde: eine milliardenschwere Steuerlast, die es zu mindern galt

Stuttgart/Wolfsburg. Eine Lücke im Steuergesetz dürfte in den Chefetagen von Volkswagen und Porsche wahre Jubelstürme auslösen. Monatelang hatten die beiden Unternehmen darüber gebrütet, wie sich das Sportwagengeschäft der Schwaben möglichst günstig bei den Wolfsburgern eingemeinden lässt. Die Hürde: eine milliardenschwere Steuerlast, die es zu mindern galt. VW und Porsche scharten Berater um sich, die über mögliche Tricks grübelten.Jetzt hat sich für die Wunschpartner ein verblüffend einfacher Weg aufgetan. Die bereits eng verbandelten Unternehmen sorgen dafür, dass VW das Sportwagengeschäft der Porsche AG komplett übernimmt und der Dachgesellschaft Porsche SE dafür neben einer Milliardensumme auch noch exakt eine VW-Stammaktie gibt. Folge des Deals: Laut der Lücke im Umwandlungssteuergesetz ist das dann kein Verkauf mehr, sondern eine Umstrukturierung. Und ohne Verkauf fallen auch keine Steuern an.

Für den braven steuerzahlenden Bürger mag das klingen wie die Nachricht aus einer Bananenrepublik. Doch VW und Porsche haben es schon amtlich schwarz auf weiß. Kreisen zufolge ist in Wolfsburg und Stuttgart eine sogenannte rechtsverbindliche Auskunft eingegangen, in der vereinfacht gesagt steht: Herzlichen Glückwunsch, Euer Trick funktioniert tatsächlich. Diese Zusicherung der Steuerbehörden ist eine feste Garantie.

Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) dürfte schäumen vor Wut. Eine Besteuerung wäre einem Geldregen für Schmids Kasse gleichgekommen. Ein Ministeriumssprecher lehnte jeden Kommentar ab und verwies auf das Steuergeheimnis.

Erste Reaktionen aus der Politik gibt es schon: "Es ist natürlich hoch ärgerlich, dass durch eine solche Gesetzeslücke dem Staat und damit allen Steuerbürgern Milliardensummen verloren gehen", sagte Baden-Württembergs Oppositionsführer Peter Hauk (CDU). "Die Konsequenz daraus ist klar: Die Lücke muss geschlossen werden." Eigentlich ist das Gesetz dafür da, dass nicht jede unternehmensinterne Umstrukturierung - die nicht nach außen tritt - Steuerlast auslöst.

Porsche und VW sind bereits eng verflochten: Die Porsche Dachgesellschaft SE hält die Mehrheit der VW-Stammaktien. Das Sportwagengeschäft der Porsche AG ist als Folge des früheren Übernahmekampfes der heutigen Partner geteilt, wobei Porsche hauchdünn die Mehrheit hat. Für den Kauf der knappen Hälfte hatte VW Ende 2009 rund 3,9 Milliarden Euro gezahlt. Die verbleibende andere Hälfte kostet heute etwa 4,5 Milliarden Euro. Der ursprüngliche Plan einer kompletten Fusion der VW AG mit der Porsche SE war an milliardenschweren Prozessrisiken der Dachgesellschaft SE gescheitert. Nur die Porsche AG zu übernehmen, wurde zu Plan B.

Eine VW-Stammaktie kostet rund 120 Euro - eine von ihnen wird nun offensichtlich Geschichte schreiben. Ohne das Schlupfloch hätte die Steuerlast bei einem Zusammenschluss in diesem Sommer etwa 1,5 Milliarden Euro betragen.

Es ist nicht abwägig zu vermuten, dass Paragraf 20 im Umwandlungssteuergesetz bei künftigen Jurastudenten einen Spitznamen erhält: "Lex VW".

Meinung

Legales Husarenstück

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger

Dem normalen Steuerbürger ist wohl kaum zu vermitteln, dass der Aktien-Trick, der VW 1,5 Milliarden Steuern spart, wirklich legal ist. Doch es ist so: Gesetzeslücken eröffnen zuweilen absurde Möglichkeiten, bevor sie dann gestopft werden.

Dabei ist das Gesetz im Grunde richtig, denn natürlich ist es nicht sinnvoll, Unternehmen für Umstrukturierungen zur Steuerkasse zu bitten. Der VW-Porsche-Fall führt das allerdings ad absurdum. Nun müssen sich Juristen den Kopf zerbrechen, wie sie den Sinn des Gesetzes erhalten, gleichzeitig aber solche Husarenstücke unmöglich machen.

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