VSE feiert 100. GeburtstagWertschöpfung im Saarland halten
Saarbrücken. 100 Jahre wird der Energieversorger VSE in diesem Jahr alt - doch der Ursprung geht viel weiter zurück
Saarbrücken. 100 Jahre wird der Energieversorger VSE in diesem Jahr alt - doch der Ursprung geht viel weiter zurück. 1879 war es, auf der königlichen Steinkohlegrube Heinitz, wo die Arbeiter beim trüben Licht der Petroleumlampen Kohle sortierten, als erstmals ein elektrischer Lichtbogen aufflammte und das Arbeitsgelände so erhellte, "dass die sämtlichen Manipulationen und deren Beaufsichtigung mit der nämlichen Sicherheit wie bei Tage durchzuführen" waren, wie die königliche Grubenverwaltung staunend vermerkt. Es war der Beginn der Elektrifizierung des Saar-Bergbaus.Die Ingenieure waren von der Technik begeistert; diese hielt nicht nur in den Gruben im Saarland Einzug, sondern auch beim Materialtransport zu den Hochöfen - 1906 wird sogar erstmals bei Röchling in Völklingen Stahl elektrisch geschmolzen.
Die Gründung der VSE findet in dieser Blütezeit der Elektrifizierung statt. Um einen zuverlässigen Elektrizitäts- und Gasvertrieb im preußischen Teil des Saarlandes zu gewährleisten - längst waren zahlreiche Stromnetze mit unterschiedlichsten Spannungen entstanden -, rufen die Stadt Saarbrücken (49 Prozent), Bischmisheim (zehn Prozent), das technisch führende Industrieunternehmen AEG (31 Prozent) sowie das Bankhaus Grohé-Henrich (sieben Prozent) und die Berlin-Anhaltische Maschinenfabrik (drei Prozent) am 20. Juni 1912 die "Elektrizitäts- und Gas-Vertriebsgesellschaft Saarbrücken" ins Leben. Ein mutiger Schritt, denn wenige Monate zuvor war die "Saar-Elektrizitätswerke AG", die die Bergwerksdirektion gemeinsam mit AEG und einigen Kommunen gegründet hatte, nach kürzester Zeit wieder gescheitert.
Und auch der jungen VSE, die damals noch als SVG (für Strom-Vertriebs-Gesellschaft) abgekürzt wurde, standen bewegte Jahre bevor. Im Rahmen der Weltkriege war sie mehrfach mal in französischem, mal in deutschem Besitz, mal aber auch unter Aufsicht des Völkerbundes. Und mehrfach wechselte sie auch den Namen: Ab 1921 hieß sie "Saarland-Lothringen-Elektrizitäts AG" (SLE), am 2. April 1930 wurde sie in "Vereinigte Saar-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft" umbenannt, rund 70 Jahre später wurde daraus die VSE AG.
Dass Strom mehr als ein Treiber der Industrialisierung ist, musste den Privathaushalten erklärt werden. "Die Menschen mussten erst lernen, was man mit Strom alles machen kann", sagt VSE-Vorstand Tim Hartmann. Während es anfangs vornehmlich um elektrische Beleuchtung ging - die Petroleumknappheit in den Kriegsjahren brachte hier einen Nachfrageschub - fungierte die VSE bald auch als Berater. So verkaufte die VSE zeitweise auch elektrische Küchenherde.
Fragt man heute die VSE-Vorstände Tim Hartmann und Hanno Dornseifer nach Meilensteinen in der Geschichte der VSE, so nennen sie als erstes die langjährige Kooperation mit RWE, die bereits 1930 begonnen hat. "Seit 80 Jahren arbeiten wir mit RWE zusammen. Das ist eine sehr wichtige Basis", sagt Hartmann. Die enge Verflechtung kam dann 1962 nach der wirtschaftlichen Rückgliederung des Saarlandes. Damals brachte RWE das Stromnetz im Nordsaarland in die VSE ein und wurde im Gegenzug mit 41,33 Prozent Anteil Großaktionär der VSE.
Ein Meilenstein ist auch der Bau des Kraftwerks Ensdorf Anfang der 60er Jahre: In Zeiten, in denen billiges Öl der Kohle den Rang ablief, war der Bau ein wichtiger Beitrag zur Sicherung der Arbeitsplätze in den Saar-Bergwerken. "Durch den Bau von Ensdorf hat sich die VSE als Stromproduzent an der Saar etabliert", sagt Hartmann. Heute ist Ensdorf durch ein Abkommen mit Saarstahl Schlüssellieferant der saarländischen Stahlindustrie.
Entscheidend für die Entwicklung zur heutigen VSE war laut Hartmann aber die Liberalisierung des Energiemarktes in den 90er Jahren, flankiert vom Saarstahl-Konkurs. "Damals zeigte sich, dass die VSE sich breiter aufstellen musste", sagt Hartmann. Die VSE vertiefte einerseits ihre Kooperationen mit den Kommunen und weitete ihre Geschäftstätigkeit aus: So gründete sie Ende 1991 gemeinsam mit den Kommunen zahlreiche Gemeindewerke und beteiligte sich an der Wasser- Ver- und Entsorgung. 1992 bot sie erstmals mit den Pfalzwerken Mobilfunkdienste über die Regio-Funk Saar/Pfalz GmbH an. "Die VSE hat schon früh ihre Zukunft in Kooperationen gesehen", sagt Hartmann zurückblickend. "Nirgendwo ist die Verflechtung mit Stadtwerken so groß wie im Saarland." Entsprechend sind die vielen VSE-Töchter, die Telekommunikation, Gebäudemanagement oder die technische Dienstleistung anbieten, auf der Basis von Kooperationen entstanden.Foto: VSE
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Hintergrund
Die VSE ist im Mehrheitsbesitz der RWE AG, die 2001 ihre Anteile auf 69,33 Prozent aufgestockt hat. 19,33 Prozent davon gehen demnächst in den Besitz saarländischer Kommunen über, die zurzeit 28 Prozent der Anteile halten, 2,67 Prozent liegen bei dem französischen Stromkonzern Energie de France (EdF). Die VSE-Gruppe ist mit ihren Töchtern Energis, Artelis, Prego, Famis und Voltaris in den Bereichen Energie- und Wasser-Versorgung, Gebäudemanagement, Telekommunikation, Unternehmens-Dienstleistung sowie Zähler- und Messwesen unterwegs. jwo