Vorzeigeprojekt unter Druck

Metz · Seit seiner Eröffnung 2010 gilt das Metzer Centre Pompidou, ein Ableger des gleichnamigen Mutterhauses in Paris, als kulturpolitisches Aushängeschild. Bis vergangene Woche, da hagelte es Kritik aus Reihen der französischen Politik. Nun steht das Kunstzentrum unter Druck.

 Beobachter vermuten, dass das Metzer Centre Pompidou zum Spielball karrierepolitischer Interesssen wurde. Foto: Centre Pompidou

Beobachter vermuten, dass das Metzer Centre Pompidou zum Spielball karrierepolitischer Interesssen wurde. Foto: Centre Pompidou

Foto: Centre Pompidou

Bisher galt das Centre Pompidou Metz (CPM) stets als voller Erfolg. Die Politik zeigte sich stolz, mit dem ersten Ableger des Pariser Pompidou ein neues Aushängeschild an Land gezogen haben, mit dem sich nicht nur das alte Metzer Image der "Kasernen-Stadt" endlich abschütteln lässt. Man pries auch oft genug den durch den touristischen Sog des Kunstzentrums messbaren wirtschaftlichen Effekt.

Nun geriet das CPM allerdings gleich von zwei Politikern unter Beschuss. Zuerst sprach die französische Kulturministerin Aurélie Filippetti bei einer Pressekonferenz zum Ende der Sommerpause von "einer gewissen Enttäuschung bei den Besuchern, die in einer Periode ohne temporäre Ausstellungen kommen". Sie bat das CPM um Vorschläge, um eine Dauerausstellung zu installieren. Kurz darauf haute Jean-Pierre Masseret, Präsident des Lothringer Regionalrats, in die gleiche Kerbe. Er drohte gar, den jährlichen Zuschuss der Region von 4 Millionen zum Jahresbudget von etwa 12 Millionen zu überdenken und einzubehalten, falls das CPM keine Dauerausstellung einrichte. Die "Ergebnisse" des Hauses entsprächen deutlich nicht den Erwartungen und getätigen Investitionen, schimpfte er.

Sieht man davon ab, dass das CPM wie so manches Großprojekt teurer wurde als ursprünglich gedacht, geben die Besucherzahlen Masseret nicht recht. 250 000 bis 300 000 Besucher pro Jahr hatte der Direktor Laurent le Bon anfangs als realistisches Ziel genannt. Mit zwei Millionen Besuchern seit der Eröffnung im Mai 2010 habe man alle Erwartungen weit übertroffen, sagt Jean-Luc Bohl, Präsident des Stadtverbands Metz Metropole, der mit 4,6 Millionen den größten Teil des Jahresbudgets beisteuert.

Von 550 000 Besuchern im Jahr 2011 auf 475 000 im Jahr 2012 gingen die Zahlen zwar etwas zurück. Aber auch das hatte le Bon von Anfang an prophezeit, wegen des nachlassenden Neuigkeitseffekts. "Mit Lille, Lyon, Rouen und Aix en Provence bleiben wir immer noch unter den Top 5 der meistbesuchten Museen in der Provinz", so Bohl. Im Internet, wo die Kritik Debatten entfachte, heißt es etwa: In Luxemburg, wo das Mudam gerade mal 80 000 Besucher jährlich ziehe, wäre man über Zahlen wie beim CPM mehr als froh. Bleibt die Frage, warum Filippetti und Masseret eine Dauerausstellung fordern und so eine Kehrtwende zum Ursprungs-Konzept. Das sah nämlich, um immer neue Besuchs-Anreize zu schaffen, ausschließlich temporäre Ausstellungen, die sich in der Sammlung des Mutterhauses bedienen, vor.

14 Ausstellungen hat das CPM bisher laut Bohl gezeigt. Da das CPM nie schließt, bleibt in den Umbauphasen zwischen zwei Ausstellungen die ein oder andere Galerie gesperrt. Genau daran stoßen sich Filippetti und Masseret, beide Mitglieder der Sozialistischen Partei PS, unter Berufung auf Besucher und einen Teil der lokalen Politik. Für ihren Vorstoß sieht das Luxemburger Tageblatt aber noch einen anderen möglichen Grund: Filippetti, die in einem Metzer Wahlkreis zu den Parlamentswahlen antrat, wolle eines Tages vielleicht ihren Partei-Kollegen Dominique Gros als Metzer Bürgermeister beerben und sich so ins Gespräch bringen, heißt es da. Und Masseret und Gros, hört man andernorts, gehörten zwar derselben Partei an, aber unterschiedlichen Strömungen. Bohl, Mitglied der kleinen konservativen Partei DVD, nimmt zwar Le Bon und das CPM in Schutz. Doch will er, wie er der SZ sagt, kommende Woche Filippetti besuchen, um über eine Dauerausstellung und kleine Veränderungen zu sprechen. Zum Budget trägt Paris übrigens bisher keinen Cent bei.

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