Von der Werkbank in den Hörsaal

Saarbrücken. Im Saarland sollen künftig deutlich mehr junge Menschen auch ohne Abitur studieren und später in einen besser bezahlten Beruf wechseln können

Saarbrücken. Im Saarland sollen künftig deutlich mehr junge Menschen auch ohne Abitur studieren und später in einen besser bezahlten Beruf wechseln können. Saar-Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Christoph Hartmann (FDP) warb gestern auf der Saarmesse in Saarbrücken für das neue Modell, das nach einer im Sommer 2009 in Kraft getretenen Änderung des saarländischen Hochschulgesetzes ermöglicht wurde. Demnach haben auch Handwerks- und Industriemeister sowie Inhaber vergleichbarer Fortbildungsabschlüsse - wie Bank- und Versicherungsfachwirte oder staatlich geprüfte Techniker und Erzieher - die uneingeschränkte Hochschulzugangsberechtigung zur Universität oder Fachhochschule HTW. Daneben wird jungen Leuten mit abgeschlossener Berufsausbildung und mindestens dreijähriger Berufserfahrung fachgebundenes Studieren ohne Abitur erleichtert. "Bisher hatten nur 0,5 Prozent der Studenten im Saarland kein Abitur. Schon in Kürze sollen es mindestens zwei bis drei Prozent sein", sagte Hartmann. Von den neuen Regelungen profitiere die gesamte saarländische Wirtschaft, da so auch dem drohenden Fachkräftemangel entgegengewirkt werde. Die Wirtschaftskammern und die Vereinigung der saarländischen Unternehmensverbände (VSU) begrüßten die Regelung. "Wir haben für das Studieren ohne Abitur eine sprunghafte Zunahme von Interessenten, angefangen vom Friseur bis zum Elektrotechniker", sagte Justus Wilhelm, der bei der Handwerkskammer den Bereich Ausbildung leitet. Gefragt seien beim Studium technische Fächer, aber auch das Lehramt und im Einzelfall sogar Medizin und Pharmazie. VSU-Bildungsreferentin Ingrid Lang sagte: "Die neue Regelung war auch der Wunsch der Arbeitgeber. Eine hochwertige duale Ausbildung ist jedenfalls genauso anzuerkennen wie das Abitur." uloNähere Informationen zum Thema "Studieren ohne Abitur" gibt ein Flyer des Saar-Wirtschaftsministeriums, Tel. (0681) 501-38 02 oder das Internet unter www.wirtschaft.saarland.deMeinung

Mehr Chancen auch ohne Abi

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Handwerker, die sich an ein Studium wagen, sind hoffentlich bald nicht mehr Exoten an den Hochschulen. Das Angebot ist offenbar noch nicht bekannt genug. Es ist sinnvoll, die Werbetrommel zu rühren. Denn hoch qualifizierte Fachleute haben beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Manche junge Leute sind eben Spätzünder und entdecken erst lange nach der Schulzeit, dass sie auch in der Theorie Stärken haben. Daher war es richtig, die Möglichkeiten für einen Studienstart auch ohne Abitur auszubauen. Nicht zuletzt sind Handwerks- oder Industriemeister mit Studienabschluss potenzielle Firmengründer. Und davon kann das Saarland noch viel mehr gebrauchen.

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