Vom Wachtmeister zum Bankrotteur

Amsterdam. Dirk Scheringa hat bessere Tage gesehen. Im April floss der Champagner, als sein Fußballclub AZ Alkmaar Landesmeister wurde. Fans feierten den Banker und Sportmäzen an der Seite von Fußballtrainer Louis van Gaal. Danach ging es für Scheringa nur noch bergab. Van Gaals Abgang zum FC Bayern München war nur die erste in einer Reihe von Niederlagen, die Scheringa einstecken musste

Amsterdam. Dirk Scheringa hat bessere Tage gesehen. Im April floss der Champagner, als sein Fußballclub AZ Alkmaar Landesmeister wurde. Fans feierten den Banker und Sportmäzen an der Seite von Fußballtrainer Louis van Gaal. Danach ging es für Scheringa nur noch bergab. Van Gaals Abgang zum FC Bayern München war nur die erste in einer Reihe von Niederlagen, die Scheringa einstecken musste. Die letzte war vernichtend für das Lebenswerk des 59-Jährigen, der sein Geld einst als Wachtmeister bei der Polizei verdiente. Gestern erklärte ein Gericht in Amsterdam seinen Finanzkonzern DSB-Bank für bankrott. "Alle Versuche, das Unternehmen noch zu retten sind gescheitert", befand der Richter.Mehr als 600 Millionen Euro waren einfach zu viel. Verärgerte Kunden hatten massenhaft Geld abgezogen. Eine DSB-Kundenvereinigung hatte am 1. Oktober dazu aufgerufen, der Bank die Einlagen zu entziehen. Ob Dummheit oder gar ein gezielter Angriff dahinter steckte, ist unklar. Es begann ein Ansturm auf die Konten, in wenigen Tagen hoben Kunden mehr als 600 Millionen Euro ab. Am 12. Oktober zog die Zentralbank die Notbremse. Sie sperrte die Konten und stellte die DSB Bank unter ihre Kontrolle. Durch den Gerichtsbeschluss werden nach Medienberichten mehrere tausend Kunden der DSB-Bank teils erhebliche Summen einbüßen. Denn garantiert sind lediglich Einlagen bis zur Maximalhöhe von 100 000 Euro. Bis zuletzt hatte Scheringa gekämpft - begleitet von Sympathien vieler Landsleute, aber auch von den Ängsten seiner fast 2000 Angestellten sowie rund 400 000 Kunden. Am Samstag gab es noch einen Hoffnungsschimmer. Die texanische Investorengruppe Lone Star schien an einer Übernahme der DSB-Bank interessiert zu sein, deren Marktanteil in den Niederlanden einschließlich aller Tochterfirmen 17 Prozent betragen soll. Eine Bedingung war, dass die Regierung in Den Haag den Deal mit einer Kapitalspritze von 100 Millionen Euro absichert. Doch Finanzminister Wouter Bos entschied: keine Staatshilfe. Zwar habe man Großbanken wie der ABN Amro mit Milliarden unter die Arme gegriffen, als sie durch die Finanzkrise ins Taumeln gerieten. Aber die Probleme der DSB-Bank seien hausgemacht. So trat Scheringa gestern in der Zentrale seines kaputten Unternehmens vor die TV-Kameras und bat Mitarbeiter und Kunden um Verzeihung. Vor zwei Wochen", sagte Scheringa mit traurigem Gesicht, "waren wir noch eine gesunde Bank." Die Erschütterung war Scheringa anzumerken, aber auch seine Empörung: "Wir sind nicht pleitegegangen, wir sind kaputtgemacht worden", sagte er. Ganz schuldlos dürfte Scheringa aber wohl nicht sein.Beschwerden von Kunden hatten vor einigen Wochen die akute Krise der Bank ausgelöst. Sie klagten, dass entgegen der DSB-Werbung ihre Hypotheken teurer seien als bei anderen Instituten. Zudem seien ihnen mit scheinbar günstigen Krediten auch überteuerte Produkte wie Lebensversicherungen "aufgeschwatzt" worden. "Vor zwei Wochen waren wir noch eine gesunde Bank."Dirk Scheringa, Chef der DSB-Bank

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