Aktenzeichen XY Vom Soldatenmord bis zum Tod eines Schiedsrichters

Saarbrücken · In 50 Jahren „Aktenzeichen XY . . . ungelöst“ wurden auch viele saarländische Fälle behandelt. Einige konnten daraufhin aufgeklärt werden, andere nicht.

 Der Sarg eines getöteten Soldaten wird aus dem Lebacher Munitionsdepot gebracht. Dort wurden 1969 vier junge Männer erschossen.

Der Sarg eines getöteten Soldaten wird aus dem Lebacher Munitionsdepot gebracht. Dort wurden 1969 vier junge Männer erschossen.

Foto: Hartung

Über insgesamt rund 4500 Fälle hat „Aktenzeichen XY . . . ungelöst“ in 50 Jahren berichtet. Davon wurden mehr als 1800 mithilfe der ZDF-Sendung gelöst. Dazu gehört auch der wahrscheinlich spektakulärste Fall im Saarland, der Soldatenmord von Lebach. Hier half eine Wahrsagerin, das Verbrechen aufzuklären – ganz ohne übersinnliche Fähigkeiten. Bei anderen Fällen tappt die Polizei bis heute im Dunkeln. Ein Überblick über einige XY-Verbrechen mit Saar-Bezug:

11. April 1969: Die ZDF-Sendung berichtete über den Soldatenmord von Lebach. Einige Monate zuvor, am 20. Januar 1969, waren zwei bewaffnete Männer ins Munitionsdepot der Bundeswehr in Lebach eingedrungen. Sie schossen auf fünf Wachsoldaten und töteten vier von ihnen. Anschließend stahlen sie Waffen und Munition. Nach der Tat verschickten die Täter, eine angebliche Mafia-Gruppe, Bekennerschreiben und einen Erpresserbrief, in dem sie Geld zum Schutz vor weiteren Anschlägen forderten. In der Sendung hieß es: „Der Überfall in Lebach sollte offenbar den Boden bereiten für Erpressungen großen Stils.“ „Aktenzeichen XY“ erwähnte außerdem, dass die Geldforderung mit „Dr. Sardo“ unterschrieben wurde. Ein Pseudonym, das der Wahrsager­in Madame Buchela bekannt vorkam. Zwei Männer hatten sie zuvor aufgesucht und sich als „Dr. Sardo“ nebst Privatsekretär ausgegeben. Später stellte sich heraus, dass sie Madame Buchela entführen wollten. Die Hellseherin wurde misstrauisch und schrieb das Autokennzeichen auf. Der entscheidende Hinweis. Drei Täter im Alter zwischen 24 und 26 Jahren wurden verhaftet, die beiden Schützen von Lebach zu lebenslanger Haft verurteilt. Einer der beiden wurde in den 90ern entlassen, der andere sitzt bis heute im Gefängnis. Der dritte Mann bekam sechs Jahre wegen Beihilfe.

3. September 1999: In einem „XY“-Beitrag ging es um den Mord an Johann Casper aus Großrosseln. Der 61-Jährige wurde am 27. Januar 1999 tot in seiner Wohnung gefunden. Die Täter hatten ihn mit einem Stein auf den Kopf geschlagen und ihm anschließend mit einem Messer in den Hals gestochen. Der geschiedene Rentner war nach Polizeiangaben homosexuell und hatte Kontakte zur Stricherszene. Nach entsprechenden Hinweisen ermittelten die Kriminalbeamten in diesem Milieu. Da es keine Einbruchspuren gab, ist es wahrscheinlich, dass das Opfer seinen Mörder kannte. Doch 18 Jahre später ist der Fall noch immer ungelöst. „Die Ermittlungen in der Mordsache Johann Casper ruhen“, teilte Polizeisprecherin Melanie Mohrbach mit. Auch durch „Aktenzeichen XY ungelöst“ hätten sich keine vielversprechenden Hinweise ergeben.

28. Mai 2008: An diesem Tag verunsicherte ein Beitrag in „Aktenzeichen XY“ die gesamte Hochwald-Region. Denn es schien möglich, dass ein Doppelmörder seit Jahrzehnten unbehelligt dort lebte. In Briefen an die Polizei hatte ein Unbekannter zwei lange zurückliegende Morde an der 13-jährigen Schülerin Lydia Schürmann bei Bielefeld (1962) sowie an der 29-jährigen Prostituierten Heiderose Berchner bei Ulm (1970) gestanden. Abgeschickt wurden die Schreiben in der Hochwald-Region. Fingerabdrücke und DNA-Spuren stimmten zudem mit denen auf einem Brief an das Weiskircher Rathaus überein. Der Verfasser drohte darin, Sänger DJ Ötzi bei einem Auftritt in dem Kurort zu töten. Die Polizei fahndete mit Hochdruck nach dem „Hochwald-Mörder“, plante sogar einen Massen-Gentest für alle Männer über 65 Jahren. Doch bevor es soweit kam, brachte ein Postbote die Wende. Er erkannte auf einer Ansichtskarte die Schrift des Briefeschreibers wieder. Es war ein 34-Jähriger aus Weiskirchen, der schon aufgrund seines Alters nicht der Täter sein konnte. Der psychisch kranke Mann wollte mit den Briefen Aufmerksamkeit erregen. Die Morde an Schürmann und Berchner bleiben bis heute ungeklärt.

25. August 2010: In der ZDF-Sendung ging es um den möglichen Mord am ehemaligen Fußball-Bundesliga-Schiedsrichter und Geschäftsmann Heinz Werner aus Auersmacher. Der 63-Jährige verschwand am 31. Oktober 2009 auf mysteriöse Weise und wurde später tot aufgefunden. Nach einem sams­täglichen Einkauf mit seiner Frau wollte er nur kurz zu seiner Firma in Rilchingen-Hanweiler fahren. Er kam nie zurück. Ein Zeuge sah ihn zuletzt, als er mit zwei Männern in einen VW-Bus stieg, um nach Bliesransbach zu fahren. Weihnachten 2010 wurde seine Leiche an der Staustufe Kanzem in der Saar entdeckt. Sie wies Kopfverletzungen auf, die Ermittler vermuteten einen Tötungsdelikt. Das sei bis heute allerdings forensisch nicht belegbar, wie die Saar-Polizei auf SZ-Nachfrage mitteilte. Fast acht Jahre nach dem möglichen Verbrechen ruhen die Ermittlungen. „Die Auswertung der Spuren verlief erfolglos. Aktuell liegen keine erfolgversprechenden Ermittlungshinweise vor“, teilte Mohrbach mit.

 Nach dem Soldatenmord durchsuchte die Polizei das Gelände rund um den Tatort – ohne Erfolg. Erst „Aktenzeichen XY“ brachte den Durchbruch.

Nach dem Soldatenmord durchsuchte die Polizei das Gelände rund um den Tatort – ohne Erfolg. Erst „Aktenzeichen XY“ brachte den Durchbruch.

Foto: Hartung

5. Februar 2014: Ein besonders brutaler Raubüberfall in Homburg-Wörschweiler war an diesem Tag Thema in der Sendung. Die Tat geschah am 29. Oktober 2012. Zwei maskierte Männer brachten ein älteres Ehepaar in deren Haus in ihre Gewalt. Mit dabei war auch der neunjährige Enkel des Paares. Die Täter drohten damit, dem Jungen Gliedmaßen abzuschneiden, wenn die Großeltern nicht verraten, wo sich die Wertsachen befinden. Die 73-jährige Frau erlitt einen Herzinfarkt, die Räuber entkamen mit Uhren und Schmuck im Wert von 250 000 Euro sowie dem Mercedes der Eheleute. Nach der ZDF-Sendung führte ein Hinweis auf einen Käufer, der Schmuck aus der geraubten Beute erworben hatte, zur Aufklärung des Überfalls. Die beiden Täter gehörten zu einer sechsköpfigen Räuberbande, die seit 2011 noch weitere Überfälle begangen hat. Sie wurden zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.

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