Vom Sofa aus betrachtet scheint die Welt doch ganz in Ordnung

Saarbrücken. Dass am selben Abend - kurz zuvor waren die Sondierungsgespräche von CDU und SPD gescheitert - der Wahlkampf begann, war auf dem wie vorgewärmten Sofa nicht spürbar. Vor Wochen hätte der Minister dieselbe Aufgeräumtheit ausgestrahlt. Gastgeber Rainer Petto hielt sich mit der neuen Lage auch nicht lange auf

Saarbrücken. Dass am selben Abend - kurz zuvor waren die Sondierungsgespräche von CDU und SPD gescheitert - der Wahlkampf begann, war auf dem wie vorgewärmten Sofa nicht spürbar. Vor Wochen hätte der Minister dieselbe Aufgeräumtheit ausgestrahlt. Gastgeber Rainer Petto hielt sich mit der neuen Lage auch nicht lange auf. Gefragt, ob er dafür kämpfen werde, wieder Kulturminister zu werden, machte Stephan Toscani deutlich, dies sei nicht der Zeitpunkt, "um Ansprüche anzumelden". Zumal "wie im Fußball" der Chef d'équipe die Mannschaft aufstelle.Pettos Tagesordnungspunkt zwei war es, die Politik menscheln zu lassen. Man erfuhr, dass Toscanis Ur-Großvater aus Varese einwanderte, wobei dessen Nachfahre in 4. Generation darüber aufklärte, dass man "ab der 3. Generation eigentlich nicht mehr von Migrationshintergrund spricht". Petto hangelte sich buchhalterisch Punkt für Punkt durch die politischen Stationen Toscanis: vom JU-Eintritt 1982 bis zur Übernahme eines Ministeramtes 2009. Womit sich sein Leben verändert habe, bekannte Toscani. Die Tage seien "durchgetaktet", ständig sei man im Fokus und könne Amt und Familie nur schwer vereinbaren. En passant erfuhr man, dass er seine 99-Prozent-Wiederwahl als CDU-Vorsitzender im Saarpfalzkreis auf die "Kultur der Geschlossenheit der CDU" zurückführt.

Dort angekommen, war schon eine geschlagene Stunde vorbei. Es folgte noch eine, der Kulturpolitik gewidmet. Als "erste Duftmarke" bezeichnete Toscani dabei seinen Plan, das Thema kulturelle Bildung in seiner Amtszeit hochzuhängen. Auch vernahm man, dass wir hier "im französischsten und europäischsten aller Bundesländer" leben. Ob der Slogan mehr Bodenhaftung verträgt, wurde nicht hinterfragt. Auch hörten wir von Toscanis "direktem Draht zu Frau Schlingmann", die er als "ein tolles Beispiel" bezeichnete "für das, was unser Land auszeichnet": Wo seien die Wege so kurz und wo empfange die Regierungschefin von einem auf den anderen Tag? Nun, nicht jeder heißt Schlingmann.

Nur zwei Dinge störten die Sofa-Behaglichkeit: Zum einen kam der Gast nicht ganz umhin, anzudeuten, dass die Schlingmann bis 2016 zugesicherte Planungssicherheit womöglich in anderen Kulturbereichen ausgebadet wird - sollten Einschnitte nötig werden. Zum anderen war da noch die Unannehmlichkeit Vierter Pavillon, den zu streifen man sich bis zuletzt aufhob. Toscani rühmte "Herrn Professor Grewenig", der ihm selbst nach Mitternacht Mails schicke. Was Petto in einem der seltenen, beherzteren Momente kontern ließ: "Das kann man heute so einstellen."

Toscanis Fehleranalyse machte einen großen Bogen um die Politik - auch so ein Zeichen der Geschlossenheit der CDU. Falsch sei es gewesen, die Bauverwaltung des Landes außen vor und Stiftungsvorstand Melcher als Bauherr schalten und walten zu lassen. Bekannte Positionen. Der Minister betonte abermals, für die Fassade werde eine Lösung mit "hoher Akzeptanz" gesucht und die Außengestaltung der "Museumsmeile" unter Beteiligung der Stadt als Wettbewerbsverfahren geplant. Erst als das Publikum das Wort ergriff, wurde es ungemütlicher. Die Sprecherin der Bürgerinitiative gegen den Erweiterungsbau, Christa Jenal, wie auch andere Regierungskritiker trieb die Frage nach den politisch Verantwortlichen um, die der Minister ins Leere laufen ließ. Seine eigene Politik stärkerer Transparenz, für die sich Toscani viele Meriten erworben hat, sei "im Einvernehmen mit der Ministerpräsidentin geschehen, ja quasi in ihrem Auftrag". War es am Ende saarländischem Harmonisierungsdrang geschuldet, dass ausgerechnet der kulturpolitische Sprecher der Linken, Lothar Schnitzler, mit dem Umlenken auf das minenfreie Themenfeld "Leseförderung" den Druck wieder aus dem Kessel nahm? cis

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