Völklinger Weltkulturerbe setzt weiter auf Wachstum

Völklingen. Die Verlängerung des Vertrages des Völklinger Weltkulturerbe-Chefs ist mehr als eine Personalie. Der 1999 für zehn Jahre engagierte Meinrad Maria Grewenig darf bis 2014 ran. Lohn für Erfolg? Eine Notmaßnahme? Ein strategischer Coup? Alles stimmt. Vor allem aber gilt: Die Landesregierung hat klug entschieden. Grewenigs Kulturmanagement-Talent ist unbestreitbar

Völklingen. Die Verlängerung des Vertrages des Völklinger Weltkulturerbe-Chefs ist mehr als eine Personalie. Der 1999 für zehn Jahre engagierte Meinrad Maria Grewenig darf bis 2014 ran. Lohn für Erfolg? Eine Notmaßnahme? Ein strategischer Coup? Alles stimmt. Vor allem aber gilt: Die Landesregierung hat klug entschieden. Grewenigs Kulturmanagement-Talent ist unbestreitbar. Er hat ein profil- und bedeutungsloses Industriedenkmal in Rekordzeit zu einem professionellen Top-Standort geformt, ja zu einem Wahrzeichen. Doch Leistung reichte nicht für eine Verlängerung, nicht mal der Zwang zur Vernunft. Die Landesregierung hätte sich im Wahlkampf ein führungsloses Kultur-Flaggschiff nicht leisten können. Zum anderen waren Grewenigs Ruhestands-Konditionen so luxuriös gestrickt, dass eine Nichtverlängerung fast ebenso teuer gekommen wäre wie die Weiterbeschäftigung. Alles zweitrangig. Der zentrale Einsatz im Vertrags-Poker lautete: Stillstand oder Wachstum für das Weltkulturerbe. Konkreter gesprochen: Zurückfahren oder Aufrechterhalten der Landes-Subventionen? Nur bis 2011 fühlte sich die Landesregierung gebunden. Bis dahin laufen die Bundes-Zusagen (2,5 Millionen Euro im Jahr). 2012 sollte der "Kern" der Alten Hütte gesichert und zugänglich gemacht sein, mit insgesamt 50 Millionen Euro Bundes-, EU- und Landesmitteln. Eine "Komplettsanierung", mit der sich 2012 ein "logisches" Ende der Anstrengungen ergeben hätte. Die Alte Hütte wäre eine konventionelle Denkmal-Erhaltungs-Aufgabe geworden, ohne belebende Zusatz-Veranstaltungen, folglich ohne teuren Intendanten. Verführerisch? Noch nicht mal finanziell. Rund vier Millionen Euro jährlich könnten die Saar-Steuerzahler sparen, müssten zugleich aber auch auf zwölf Millionen Euro verzichten, die Bund und EU bis 2014 weiter nach Völklingen fließen lassen. Bedingung: Der Denkmal-Erhalt schreitet bis zu den "Rändern" fort: Wasserturm, Benzolhäuser, Rückseite der Hochofengruppe. Ein schönes, kostspieliges Ziel. Genau dafür kämpfte Grewenig. Sein Name steht also für Wachstum. Ist das Vermessenheit? Wohl eher Persönlichkeits-Dynamik. Wer ihn engagiert, akzeptiert seinen Ehrgeiz. Der hätte sich am Erreichten, einer perfekt hergerichteten "kernsanierten" Hütte, wund gelaufen. Statt dessen bekommt Grewenig jetzt wieder richtig was zu tun. Auf Druck der Landesregierung steuert er bereits seit geraumer Zeit um: Erlebniswelten statt Kulturhistorie. Exemplarisch hierfür steht die "Genius I"-Ausstellung (2007), die sich nach dem Muster "ein Kessel Buntes" das Thema Erfindungen vornahm. Dieses Ausstellungs-Format dürfte die traditionelle Stammkundschaft - Bildungsbürger und Bus-Touristen - kaum mehr in gleichem Maße aktivieren wie Grewenigs ursprüngliche, wenn auch mitunter beliebig anmutende Gold- und Glitzer-Phase. "Inkagold" (2004, 193000 Besucher) oder "Macht & Pracht" (2006, 98000 Besucher) waren zwar exquisit inszeniert, gehörten jedoch nicht zwingend in die Gebläsehalle. Die Landesregierung reagierte: Nun soll er bis 2014 den Kurs stabilisieren: die Hütte als breiten- und familientauglicher Lern- und Freizeitort. Grewenig wird also nochmal zum Gründervater. Stellt er sich diesmal nicht weniger in den Dienst der Quoten, sondern mehr in den der Industriekultur, wird seine Mission noch riskanter, aber umso verdienstvoller.

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