Virtuoses Feuerwerk der Akkorde und spinnwebfeinen Töne

Saarbrücken · Sie gilt als Perfektionistin, wurde als Wunderkind gefeiert und mit wichtigen Preisen dekoriert: Am Mittwoch spielte Anne-Sophie Mutter in Saarbrücken virtuos und souverän. Begleitet hat sie der Pianist Lambert Orkis.

 Ohne Noten: Anne-Sophie Mutter spielte das komplette Programm auswendig. Foto: Premium Event

Ohne Noten: Anne-Sophie Mutter spielte das komplette Programm auswendig. Foto: Premium Event

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Jahrzehnte ist es her, seit Anne-Sophie Mutter bei jedem der Saarbrücker Sinfonieorchester gastierte. Seither wuchs allein in Deutschland ein halbes Dutzend von Geigerinnen heran, die sich international behaupten können, und weltweit kommen fast täglich neue hinzu.

Und Anne-Sophie Mutter? Die inzwischen Fünfzigjährige ist nicht nur perfekt wie eh und je, sie hat sich auch ständig weiterentwickelt. Als "Karajans Wunderkind" war sie noch deutlich geprägt von der damals üblichen "verpuderten" Spielweise, wie sie selbst das einmal nannte. Heute klingt alles strukturierter, durchdachter; man hört, dass sie auch viel zeitgenössische Werke spielt und manche davon selbst aus der Taufe gehoben hat. Ja, dass sie auch mal im "Club Asphalt" in Berlin geigt, wo sonst Madonna, Campino und Co. auftreten.

An diesem Abend in der Congresshalle startete sie, das ganze Programm auswendig spielend, mit Kreislers Variationen über ein Thema von Corelli, einem Feuerwerk von Trillern, knatterndem Springbogen und saftigen Akkordfolgen. Und setzte nahtlos einen schroffen Kontrast dagegen: Weberns spinnwebfeine Miniaturen von op. 7, meisterhaft geisterhaft gespielt ("kaum hörbar", schrieb der Komponist).

Dann ging es weiter mit Griegs 3. Sonate, deren stürmische Grundstimmung die Solistin so ungestüm betonte, dass das Publikum entgegen der Bitte im Programmheft nach dem 1. Satz in Beifall ausbrach. Verständlich auch, weil ihr Begleiter, der amerikanische Pianist Lambert Orkis, die ursprüngliche Bezeichnung des Komponisten wörtlich nahm. Der hatte im Manuskript keine Violinsonate, sondern ein Werk "für Pianoforte und Violine" vermerkt, also ähnlich wie Beethoven den Vorrang des Klaviers betont. Ein prachtvolles Zusammenspiel zweier Solisten.

Im zweiten Teil konnte man bei Lutoslawskis "Partita" und Francks Violinsonate erneut studieren, wie virtuos Anne-Sophie Mutter rüdes Forte auf der G-Saite gegen engelhaftes Silber in den hohen Lagen setzt, dann auf fahles, vibratoloses Piano umschaltet. Dass dies gelegentlich nicht mehr spontan, sondern bewusst gesteuert wirkt, ist wohl unvermeidlich, wenn man rastlos durch die Welt tourt und Abend für Abend sein Repertoire perfekt vorführen muss. Aber wie sie das tut, ist souverän. Ja, sie ist wohl immer noch "die weltbeste Geigerin". Zwei Zugaben, Kreisler/Dvorák und Brahms, dann ging man benommen nach Haus.

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