Villeroy & Boch schließt vier Werke in Europa

Saarbrücken. Der Mettlacher Keramikhersteller Villeroy & Boch (V&B) wird im Rahmen einer Umstrukturierung mehrere Werke schließen und 900 Mitarbeiter entlassen. An der Saar müssen 150 Mitarbeiter der Produktion und 70 Mitarbeiter der Verwaltung gehen

Saarbrücken. Der Mettlacher Keramikhersteller Villeroy & Boch (V&B) wird im Rahmen einer Umstrukturierung mehrere Werke schließen und 900 Mitarbeiter entlassen. An der Saar müssen 150 Mitarbeiter der Produktion und 70 Mitarbeiter der Verwaltung gehen."Der Verlauf der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Lage auch für uns deutlich verschärft, daher werden wir strukturelle Maßnahmen schneller umsetzen als bisher vorgesehen", sagt V&B-Vorstandschef Frank Göring (Foto: dpa) gestern. Der Umsatz des Herstellers ist angesichts der Wirtschaftskrise massiv eingebrochen. Während V&B in den ersten vier Monaten 2008 noch ein Umsatzplus von neun Prozent erzielte, ging es anschließend massiv bergab. "Nur aufgrund drastischer Sparmaßnahmen haben wir es geschafft, dass letztlich nur ein Minus von einem Prozent über das Jahr geblieben ist", sagte Göring.Angesichts eines Umsatzrückgangs in den ersten zwei Monaten um 20 Prozent, sieht Göring jedoch Handlungsbedarf, die Produktion effizienter zu gestalten. Geplant sei das schon seit langem gewesen, sagte Göring, die Krise habe aber den Druck erhöht. Ziel der Umstrukturierung ist es, Kompetenzzentren für einzelne Sparten zu bilden und weniger produktive Werke zu schließen. Die jeweiligen Kompetenzzentren sind Mettlach und Valence d'Agen in Frankreich, (Sanitär), Roden in den Niederlande (Bade- und Duschwannen aus Quaryl), Roeselare in Belgien (Bade- und Duschwannen aus Acryl) und Partisanske in der Slowakei (Whirlpools). Für Tischkultur werden die beiden Werke an der Saar in Merzig zusammengeführt (Pressen und Dekoration). Das sächsische Torgau übernimmt die Produktion der Tischkultur im Druckgussverfahren.Die übrigen Werke stehen zur Disposition. Für das tschechische Werk in Kradno soll ein Käufer gesucht werden, die Werke im italienischen Castelraimondo und in Luxemburg sowie in Dänischburg werden geschlossen, auch das Werk im schwedischen Gustavsberg soll stillgelegt werden. Von den 900 Mitarbeitern, die im Rahmen der Umstrukturierung ihre Stelle verlieren werden, kommen 400 aus Deutschland.Durch die Strukturmaßnahmen, die 2011 abgeschlossen sein sollen, erhofft sich Vorstandschef Frank Göring 50 Millionen Euro Ersparnis pro Jahr. Die Kosten der Maßnahmen beziffert das Unternehmen mit 60 Millionen Euro bei einem Umsatz von rund 800 Millionen Euro. Ralf Sikorski, Vorsitzender der Gewerkschaft IG BCE, lobte die gute Zusammenarbeit mit dem Unternehmen. "Nun sei es wichtig, schnell die Gespräche zur Sozialverträglichkeit zu führen", sagte er.Erst vor drei Tagen hatte Villeroy & Boch Kurzarbeit für 1800 der 2800 Mitarbeiter in Deutschland und eine Produktionskürzung angekündigt. Weltweit beschäftigt V&B 9250 Mitarbeiter. Meinung

Bitter für das Saarland

Von SZ-RedakteurJoachim Wollschläger Noch vor einem halben Jahr hatte V&B-Chef Frank Göring gesagt, es sei schlimmer einen Mitarbeiter in Mettlach zu entlassen als 100 in Amerika. Nun geht es um 220 Mitarbeiter, die an der Saar ihren Arbeitsplatz verlieren. Leicht kann Göring diese Entscheidung nicht gefallen sein.Und doch ist sie richtig und nachzuvollziehen. Mit der angekündigten Kurzarbeit zeigt das Unternehmen, dass es gewillt ist, so viele Mitarbeiter wie nur möglich im Unternehmen zu halten. Veraltete und ineffiziente Strukturen kann sich ein Unternehmen in Europa aber nicht mehr leisten, will es im weltweiten Wettbewerb bestehen. Gerade weil V&B nicht so enden soll wie die insolventen Konkurrenten Rosenthal oder Waterford-Wedgewood war der Schritt nötig, um die Zukunft des Standorts Saarland zu sichern. So bitter es vorerst auch sein mag.

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