Vier Hände für die „Unvollendete“

Saarbrücken · Überwiegend eintrittsfreie Konzerte, exzellente Interpreten und rund 100 junge Organisten im Wettbewerb: Die grenzüberschreitende Musikreihe „Orgel ohne Grenzen“, die am 4. Mai beginnt, hat in diesem Jahr besonders viel zu bieten.

 Bernhard Leonardy. Foto: Bub

Bernhard Leonardy. Foto: Bub

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Redet man vom Leonardy-Festival, denken viele, ganz klar, an die Musikfestspiele Saar Robert Leonardys. Doch was der Vater kann, kann der Sohn, Bernhard Leonardy nämlich, schon fast genauso lange. "Sein" Festival, die Konzertreihe "Orgel ohne Grenzen - orgues sans frontières", für die er mit dem Metzer Organisten Philippe Delacour verantwortlich zeichnet, geht nun bereits ins 21. Jahr. Und ist wie die Musikfestspiele ein Erfolgsmodell. Wobei die Konzertreihe rund um die Orgel diesmal größer denn je ist.

Bis Jahresende stehen 67 Konzerte auf dem Plan - in Lothringen (wo etwa an der Cavaillé-Coll Orgel der Kirche Notre Dame in Metz gespielt wird), in Luxemburg und im Saarland. Im Jubeljahr des Élysée-Vertrags "wollten wir mit unserem grenzüberschreitenden Festival ein besonderes Programm bieten", sagt Bernhard Leonardy. Wobei das deutsch-französische Jubiläum die staatlichen Geldgeber in Frankreich nicht eben beflügelte, so der Kantor an der Basilika St. Johann. Im Gegenteil: Die neue politische Reserviertheit zwischen Deutschland und Frankreich verschloss eher die Kassen. Dank des seit Jahren gewachsenen Netzwerks von Sponsoren und Förderern in der Region aber und auch von Geldgebern wie der saarländischen Landesregierung und Saartoto, haben Delacour und Leonardy den Festivaletat von 67 000 Euro zusammengebracht. Schließlich halten sie an einem Grundsatz ihres Festivals fest: Bis auf wenige Ausnahmen kosten die Konzerte keinen Eintritt. "Wir haben ja nichts davon, wenn sich viele Leute das nicht leisten können, und es sitzen dann nur 40 Gäste im Konzert", sagt Leonardy.

Bis zu 10 000 Besucher hatte die vorige Ausgabe des Festivals; eine genaue Statistik führt Leonardy nicht: "Wir freuen uns auch über ‚Laufkundschaft', Leute, die mal für 15, 20 Minuten reinkommen und sich überraschen lassen". Und tatsächlich ist Orgelmusik für manche Festivalbesucher eine Überraschung, etwas Unerhörtes. Da viele heute der Kirche fern bleiben, kommen sie auch mit Orgelmusik nicht mehr in Berührung. Und gerade für jene sei das enorme Klangspektrum der Orgel eine Entdeckung, weiß Leonardy aus Gesprächen mit Besuchern. "Man muss Neues wagen", meint der 50-Jährige. Konzerte sollen Ereignisse sein, das ist sein Credo. So spielen Delacour und er am 9. Mai, 16 Uhr, in der Kirche St. Mauritius in Tholey etwa Schuberts "Unvollendete" in der Orgelfassung. Die Sinfonie also in der zwei- Mann-, vier Hände und vier Füße-Variante. Ihr Tasten- und Pedalwirbeln wird dann sogar per Videoübertragung für alle Konzertbesucher zu sehen sein. Und damit nicht genug: Leonardy improvisiert am 24. August auch zu Murnaus legendärem "Faust"-Stummfilm - zusammen mit Schlagzeuger Oliver Strauch.

Vor allem aber holen Delacour und Leonardy exquisite Interpreten in die Region. Ob das gleich zu Beginn die Grazer Organistin Ulrike Wegele ist, die am 4. Mai, 11.30 Uhr, das Festival in der Basilika St. Johann eröffnet, oder die ausgezeichneten Sänger des Goyang Civic Choir aus Südkorea. Die geben am 15. September in der Basilika ein Sonderkonzert. Am selben Tag, 10 Uhr, überträgt das ZDF übrigens aus der Église St. Maurice in Freyming den Fernsehgottesdienst aus Anlass des 50-jährigen Élysée-Jubiläums. "Schon ein kleiner Coup", freut sich Leonardy, "dass dies gelungen ist".

Beeindruckend aber auch, dass das Festival mittlerweile auch einen der größten Wettbewerbe für junge Organisten europaweit bietet. Rund 100 Musiker aus der ganzen Welt messen sich in Dudelange, Saarbrücken und Metz, nehmen an Meisterkursen teil und lernen die bedeutenden Orgeln der Region kennen.

Infos zum Programm unter Tel. (06 81) 938 51 67 und im Internet: www.leornardy.org.



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