Viele Fluggäste verzichten auf Entschädigung

Berlin. Wenn einer eine Reise unternimmt, dann kann er was erleben - zum Beispiel Annullierungen, Verspätungen oder Überbuchungen. Von den 500 000 Passagieren, die laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen jeden Tag von Deutschland aus in alle Welt starten, haben offenbar rund 50 000 einen Anspruch auf Entschädigung

Berlin. Wenn einer eine Reise unternimmt, dann kann er was erleben - zum Beispiel Annullierungen, Verspätungen oder Überbuchungen. Von den 500 000 Passagieren, die laut Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen jeden Tag von Deutschland aus in alle Welt starten, haben offenbar rund 50 000 einen Anspruch auf Entschädigung. Der Grund: Ihre Flieger fallen entweder ganz aus oder kommen deutlich zu spät an. Nur wissen die meisten Reisenden nicht um ihre Rechte. Verbraucherpolitiker fordern deshalb jetzt Nachbesserungen bei den Fluggastrechten. Die Grünen haben die entsprechenden Statistiken zahlreicher Airlines ausgewertet, und sie sind zu dem Ergebnis gekommen: "Bei etwa zehn Prozent der Flüge kommt es zu exzessiver Verspätung oder Annullierung", so der grüne Tourismusexperte, der Saarländer Markus Tressel. Demnach seien rund 50 000 Passagiere am Tag davon betroffen. Im Detail gebe es allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den Fluggesellschaften: So sei es bei fast jedem fünften Flug von Easyjet im Dezember 2009 zu extremen Verspätungen gekommen. Mehr als jeder zehnte Flug wurde annulliert. Andere Airlines wie Germanwings oder Air Berlin hätten hingegen eine weitaus geringere Annullierungs- und Verspätungsquote. "Viele Fluggäste wissen nicht, dass sie einen Anspruch auf Entschädigung haben", sagt Tressel. Ein Blick in die Statistik des Luftfahrtbundesamtes (LBA) bestätigt dies: Trotz wachsenden Flugverkehrs ist die Zahl der eingegangenen Beschwerden relativ stabil geblieben. 2009 waren es lediglich 3063 Klagen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der SPD hervorgeht. 86 Prozent der Passagiere erhalten auch von den Gesellschaften keinerlei Hinweise über ihre Rechte. Das ergab eine Untersuchung der Stiftung Warentest im Mai 2009. "Im Ergebnis sind Fluggäste den Fluggesellschaften immer unterlegen", glaubt daher die verbraucherpolitische Sprecherin der Linken, Caren Lay. Dem Verbraucherministerium zufolge haben Fluggäste bei Annullierung Anspruch auf Erstattung, Betreuungsleistungen sowie Entschädigungen - je nach Länge des Flugs in Höhe von 250, 400 oder 600 Euro. Auch bei verspätetem Abflug ab zwei Stunden müssen Passagiere betreut, verköstigt oder sogar entschädigt werden. Die Pflicht zur Zahlung von Ausgleichsleistungen entfällt, wenn die Airline den Flugausfall nicht zu vertreten hat. Doch darüber wird meist heftig und langwierig gestritten. Airlines gegen SchlichtungDas Problem haben inzwischen auch die Verbraucherschutzminister der Länder erkannt: Der Bedarf nach außergerichtlicher Schlichtung im Flugverkehr bestehe "dringend", stellten die Minister Mitte September bei einer gemeinsamen Konferenz fest. Sie beschlossen daher, die Airlines zur Teilnahme an der "Schlichtungsstelle für öffentlichen Personenverkehr" zu verpflichten. Die Widerstände der Fluggesellschaften dagegen seien aber groß, weiß SPD-Experte Heinz Paula. Auch Tressel sieht Handlungsbedarf, er will aber vor allem das Beschwerdeverfahren vereinfachen. "Die Verbraucher wünschen sich eine Anlaufstelle an Flughäfen, die sofort Abhilfe schafft", glaubt Tressel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort