„Viel Raum für Fantasien“: Ro Gebhardts Märchen-Vertonung

„Märchen“ lautet das Motto der diesjährigen Saarbrücker Sommermusik. Am 30. August präsentieren Ro Gebhardt und das Ensemble „Traumfänger 2014“ im Rahmen der Reihe eine Vertonung von Andersens „Nachtigall“. SZ-Redakteur Johannes Kloth hat mit dem saarländischen Gitarristen über das Projekt gesprochen.

Das Märchen "Des Kaisers Nachtigall" ist immer wieder vertont worden, Strawinski diente es gar als Vorlage für eine Oper. Was ist so reizvoll an dem Stoff von Hans Christian Andersen ?

Gebhardt: Im vergangenen Jahr habe ich meine Herbstferien in Südfrankreich größtenteils damit verbracht, Märchen zu lesen, um etwas Passendes zur Vertonung zu finden. Ich bin bei der "Nachtigall" hängengeblieben. Einerseits eignet sich der Text gut, weil Musik darin eine große und wichtige Rolle spielt, andererseits aber auch, weil die Thematik viel Raum für Fantasien lässt - auch in Bezug auf sozialkritisches und kulturpolitisches Denken.

Das Märchen handelt von einer Nachtigall, die den Kaiser von China mit ihrem Gesang erfreut, bis sie von einem künstlichen Pendant ersetzt wird. Es geht also auch um eine Kritik am Technikwahn der Moderne und die Frage, was "Kunst" eigentlich ist . . .

Gebhardt: Wir alle sind die Kunst. Wenn die Tendenz in der Musik in Richtung Maschinen und Pegel-bis-zum-Anschlag geht, dann entspricht das unserem heutigen Bedürfnis. Ob zuerst das Ei oder das Huhn da war, ist schwer zu sagen. Die Musik der Nachtigall ist jedenfalls freundlich, sentimental, dynamisch - so schreibe ich nun mal, die Ausdrucksweise hat Gott sei Dank auch viele Freunde.

Die echte Nachtigall im Märchen ist weder käuflich noch domestizierbar. Inwieweit müssen Sie als Künstler Publikums-Erwartungen gerecht werden?

Gebhardt: Das ist wohl der größte Unterschied zwischen Amateuren und Profis. Als professionelle Musiker sind wir von unserem Publikum abhängig, auch in existenzieller Weise, was eine besondere Verantwortung, aber auch Passion ins Spiel bringt. Wenn ich schreibe, habe ich immer ein imaginäres Publikum im Kopf.

Wer steckt eigentlich hinter dem Ensemble "Traumfänger 2014"?

Gebhardt: Mir war es wichtig, dass wir keine Eintagsfliege, sondern ein Projekt ins Leben rufen, das ein paar Jahre läuft. Es soll also auch ein Ensemble "Traumfänger 2015" geben, vermutlich mit neuem Thema, die Besetzung wird wohl auch immer wieder wechseln. Diesmal ist die japanische Flötistin Atsuko Futakuchi dabei, weil sie sich optimal eignet als "Nachtigall", Hartmut Volle spricht den Text, Burdette Becks wird als Flötist dabei sein, Uli Schiffelholz ist an den Percussions, und ich spiele Gitarren und Ruan, eine chinesische Laute.

Wie haben Sie sich dem Stoff musikalisch genähert?

Gebhardt: Ich habe mich von chinesischer und japanischer Musik inspirieren lassen, mich in Melodik, Rhythmik und Harmonik vertieft und die neuen Erkenntnisse auf Jazz, Pop und Latin übertragen. Dann habe ich angefangen, Themen, Motive und kleinere Stücken zu schreiben.

Aufführung am 30. August, 20 Uhr, in der Pfarrkirche St. Michael in Saarbrücken (Schumannstr. 25), Karten unter

Tel. (06 81) 90 68 80.

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