Verwirrung um Wiedeking

Stuttgart/Wolfsburg. Der erbitterte Machtkampf zwischen VW und Porsche hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Am Freitag überschlugen sich die Berichte und Spekulationen über einen bevorstehenden Abgang von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking

Stuttgart/Wolfsburg. Der erbitterte Machtkampf zwischen VW und Porsche hat einen neuen Höhepunkt erreicht: Am Freitag überschlugen sich die Berichte und Spekulationen über einen bevorstehenden Abgang von Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Wie aus Konzernkreisen verlautete, haben sich die Eigentümerfamilien Porsche und Piëch nach monatelangem erbitterten Ringen über die Zukunft des hoch verschuldeten Sportwagenbauers geeinigt: Volkswagen übernimmt knapp die Hälfte an der Porsche AG, der Sportwagenbauer wird als zehnte Marke in den Konzern integriert. Für Wiedeking, der gegen diese Lösung gekämpft hat, dürfte damit kein Platz mehr im neuen Autoimperium sein. "Der Spiegel" und "Wirtschaftswoche" berichteten, Wiedeking müsse nach einem Beschluss der Eigentümerfamilien seinen Posten räumen. Nachfolger solle der bisherige Porsche-Produktionsvorstand Michael Macht (Foto: dpa) werden. Am Abend aber meldete sich Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche zu Wort. Die Meldungen über einen Wechsel an der Spitze des Sportwagenbauers seien falsch. Er weise die Spekulationen entschieden zurück, dass Macht auf Wiedeking folge, sagte der Vorsitzende des Kontrollgremiums in Stuttgart. Ein Porsche-Sprecher sagte: "Dazu wäre ein Präsidialbeschluss des Porsche-Aufsichtsrates notwendig. Den gibt es nicht." Wiedeking sei weiterhin Chef der Porsche AG und der Porsche Holding. Auch Betriebsratschef Uwe Hück sprach von einer gezielten Falschmeldung. Außerdem werde es "keinen neuen Vorstandsvorsitzenden gegen die Stimmen der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat geben". Doch scheint sicher zu sein: Der große Gewinner in der monatelangen, erbittert geführten Schlacht um Porsche dürfte VW-Patriarch Ferdinand Piëch sein. Der VW-Aufsichtsratschef und Porsche-Miteigentümer hatte Wiedeking bereits Anfang Mai öffentlich angezählt und hat sich nun offenbar mit seinem Plan zur Zukunft von Porsche und VW durchgesetzt: einen Autokonzern zu schaffen, der von Kleinwagen über Bestseller wie den Golf bis hin zu Lkw und Sportwagen die gesamte Modellpalette im Angebot hat. Die grundsätzliche Einigung soll am Donnerstag bei Aufsichtsratssitzungen von VW und Porsche festgezurrt werden. Demnach übernimmt VW zunächst knapp die Hälfte der Porsche AG, in der das Autogeschäft der Stuttgarter gebündelt ist. Im Gespräch als Kaufpreis sind vier Milliarden Euro. Als weiterer Großaktionär bei VW wird wohl das Emirat Katar einsteigen. Wiedeking dürfte zum Abschied einen "goldenen Handschlag" bekommen: Nach einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" könnte der 56-Jährige eine Abfindung von mehr als 100 Millionen Euro erhalten. Dies wäre die höchste Abschiedszahlung, die es in Deutschland jemals gegeben hat. dpa Meinung

Bitter bestraft

Von SZ-RedakteurVolker Meyer zu Tittingdorf Die Zeichen stehen ungünstig für Porsche-Chef Wendelin Wiedeking. Er scheint der große Verlierer im Machtkampf zwischen zwischen VW und Porsche zu sein. Wenn es so kommt, ist es ein bitteres Ende - trotz Rekordabfindung: Wiedeking hat Anfang der 90er Porsche vor dem endgültigen Niedergang bewahrt und zum profitabelsten Autobauer der Welt gemacht. Der tollkühne Plan zur Übernahme des 15mal größeren VW-Konzerns sollte sein Lebenswerk krönen und Porsche zu einem Auto-Imperium machen. Jetzt ist das Vorzeigeunternehmen am Boden und braucht Hilfe. Wiedekings Mut war in Hochmut umgeschlagen, die Strafe ist ein tiefer Fall.

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