Verspielte Kunst zum täglichen Gebrauch

Paris. Schmiedeeisen, das sich in Wellen entfaltet, florale Ornamente und der typisch geschwungene Schriftzug - nirgends sind die Pforten zum Untergrund der Metropole so elegant gestaltet wie in Paris

Paris. Schmiedeeisen, das sich in Wellen entfaltet, florale Ornamente und der typisch geschwungene Schriftzug - nirgends sind die Pforten zum Untergrund der Metropole so elegant gestaltet wie in Paris. Die typischen Jugendstil-Eingänge der Metro, die Hector Guimard um 1900 gestaltete, stehen symbolhaft dafür, wie sehr die Art Nouveau - der Jugendstil - Architektur und Design prägte, vor allem in seinem einstigen Zentrum Paris.

Die Stildebatte, die die Jahrhundertwende kennzeichnete, lässt das Pariser Musée d'Orsay derzeit mit mehr als 100 Exponaten unter dem Titel "Art Nouveau Revival" Revue passieren. Die Schau zeigt eindrucksvoll, wie sich die Kunst des 20. Jahrhunderts immer wieder aufs Neue von den Ikonen des "Fin de siècle" inspirieren ließ.

In fünf Stationen macht sich der Besucher einen Eindruck dieser mannigfaltigen Referenzen, die insbesondere Möbel, Plakate aber auch Zeitschriften und Kleidung bis hin zu Filmkulissen in Szene setzt. Angefangen von einer Hommage an die Surrealisten, die Gaudís und Dalís Affinität zum Jugendstil demonstriert, über das sogenannte "organische Design" mit seinen geschwungenen flüssigen Formen bis hin zu Entwürfen aus den 60er Jahren, als der Jugendstil "wiederentdeckt" wurde. Station drei beispielsweise widmet sich der psychedelischen Kunst, deren Genese eng an Konzertplakate Bill Grahams im San Francisco der 60er geknüpft ist: Die Verschmelzung von Schrift und Bild, die Deformation der Typografie, die Jugendstil-Elementen zu einer neuen ästhetischen Dimension verhilft. Die darauffolgende Station der Pariser Schau dreht sich um den Einfluss des Jugendstils auf die Mode. Der Stil verliert seine revolutionäre Verheißung und wird zum Modephänomen, das sich auf Zeitschriften präsentiert, Modeboutiquen ziert und auch die Kleidung selbst inspiriert. Der letzte Saal schließlich widmet sich naturalistischem Interieur, das sich in den 70ern von den Ideen der Art Nouveau nährte. Am Ende der Zeitreise wird der Amateur des FloralSymbolistischen allerhand neue Spielarten seiner Leidenschaft erlebt haben.

Wer allerdings jegliche Arabesque verschmäht, wird es nach der Schau im Pariser Musée d'Orsay mit den Art Nouveau-Kritikern halten: Sie bezeichneten den französischen Jugendstil als Style nouille - als "Nudelstil".

Läuft bis 4. Februar

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