Verdi kämpft für Praktiker-Standort Kirkel

Kirkel. Etwa vierhundert Demonstranten und Mitarbeiter der Baumarktkette Praktiker versammelten sich gestern Abend nach einer Betriebsversammlung in Kirkel zu einer Protestkundgebung gegen die geplante Verlagerung der Zentralverwaltung von Kirkel nach Hamburg

Kirkel. Etwa vierhundert Demonstranten und Mitarbeiter der Baumarktkette Praktiker versammelten sich gestern Abend nach einer Betriebsversammlung in Kirkel zu einer Protestkundgebung gegen die geplante Verlagerung der Zentralverwaltung von Kirkel nach Hamburg. In einem Fackelzug unter dem Motto "Nein zu Hamburg - ja zu Kirkel" zogen die Mitarbeiter durch den Ort und untermauerten ihre Forderung, die Zentrale in Kirkel zu belassen."Es ist ein wichtiges Signal an die Unternehmensleitung von Praktiker, dass die Beschäftigten und das Land nicht kampflos diese Unternehmensentscheidung hinnehmen werden", sagte Verdi-Landesbezirksfachbereichsleiterin Steffi Recknagel. Laut Verdi-Landesleiter Alfred Staudt geht es jetzt darum, so viele Arbeitsplätze wie möglich in Kirkel zu erhalten. Staudt zufolge sollen noch vor Weihnachten Verhandlungen mit dem Praktiker-Vorstand beginnen.

Am 24. November hatte Vorstandschef Thomas Fox einen umfassenden Sanierungsplan für die Baumarktkette angekündigt. Der Plan umfasst auch die Verlegung der Konzernzentrale von Kirkel nach Hamburg. Zwar sollen noch rund 170 Mitarbeiter bei Subunternehmern in Kirkel weiter für Praktiker arbeiten, andere mit nach Hamburg gehen, doch viele stehen auch vor dem Jobverlust. Außerdem will Praktiker 15 Prozent der 236 deutschen Praktiker-Märkte auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfen. Insgesamt sollen in Deutschland 1400 Stellen wegfallen. Die Gewerkschaft warnte Beschäftigte davor, Vereinbarungen oder Verträge mit dem Unternehmen zu unterzeichnen, bevor nicht die Verhandlungen über einen Interessenausgleich abgeschlossen seien.

Das Vertrauen der Beschäftigten war gestern nicht so groß, dass nach einem möglichen Umzug nach Hamburg ihre Zukunft gesichert wäre. "Am Ende zieht die Familie mit, und dann macht Praktiker auch in Hamburg dicht", sagte gestern eine junge Mutter.

Unterdessen gibt es Ärger angesichts der von Finanzchef Markus Schürholz angekündigten Finanzierung der Restrukturierungsmaßnahmen. Schürholz hatte in einer Analystenkonferenz gesagt, die für dafür benötigten 300 Millionen Euro würde Praktiker über den Kapitalmarkt aufnehmen.

Großaktionärin Isabella de Krassny, die knapp acht Prozent der Praktiker-Anteile hält, hat in der Zeitschrift "Euro am Sonntag" die Ankündigung kritisiert: "Ich bezweifle, dass Praktiker eine so hohe Summe benötigt", sagt sie. So schlimm wie der Markt die Lage bei Praktiker bewerte, sei sie nicht. Sie äußert den Verdacht, dass Fox die Lage bewusst verschäft dargestellt hat. Dass die Anleger insgesamt wenig Hoffnung auf eine erfolgreiche Praktiker-Sanierung haben, zeigt die Kursentwicklung der Aktie. Deren Wert hat sich seit Bekanntgabe der Sanierung knapp halbiert. Allein gestern ist die Aktie um über 15 Prozent auf 1,34 Euro gefallen. Ähnlich sieht es bei einer Fünf-Jahres-Anleihe im Wert von 250 Millionen Euro, die Praktiker im Februar ausgegeben hat. Sie ist in den vergangenen zwei Wochen von 70 Prozent ihres Wertes auf nur noch 40 Prozent gefallen. Trotz der Schwierigkeiten, in solch einem Umfeld eine weitere Anleihe über 300 Millionen Euro zu platzieren, gibt sich Unternehmessprecher Günter optimistisch: "Wir sind zuversichtlich, dass wir das Geld bekommen."

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