Venedig, Du Stadt der Sehnsucht und des Siechtums

Saarbrücken. Am Montagabend begann die Reihe mit einem Vortrag des Dortmunder Filmwissenschaftlers Ernst Schreckenberg. Mit Ausschnitten illustrierte er die Herangehensweise der Filmemacher: Venedig, das im Videolook von "Italienisch für Anfänger" abgewohnt wirkt, erstrahlt im güldenen Morgenlicht von David Leans "Summertime" als magischer Sehnsuchtsort

Saarbrücken. Am Montagabend begann die Reihe mit einem Vortrag des Dortmunder Filmwissenschaftlers Ernst Schreckenberg. Mit Ausschnitten illustrierte er die Herangehensweise der Filmemacher: Venedig, das im Videolook von "Italienisch für Anfänger" abgewohnt wirkt, erstrahlt im güldenen Morgenlicht von David Leans "Summertime" als magischer Sehnsuchtsort. Ernst Lubitsch untergräbt den Mythos humoristisch: In "Ärger im Paradies" trällert ein Gondoliere romantisch - allerdings befördert er prosaisch Müll.Einen Schwerpunkt legte Schreckenberg aufs deutsche Kino, das Venedig etwa in "Der Musterknabe" als romantischen Katalysator sieht, so dass ein steifer Heinz Rühmann den Baedeker zuklappt und sich ganz der Stadt überlässt; in den 50ern, als die erste deutsche Reisewelle gen Italien brandet, ist Venedig eine amouröse Anlaufstelle, besungen von Schnulzen, deren Sänger schlecht getrickst vor Leinwänden trällern, auf denen Archivaufnahmen der Stadt zu sehen sind; auch die Commissario-Brunetti-Krimis der ARD beschwören das Schöne, der Commissario speist meist auf seiner Terrasse am Canal Grande. Nachvollziehbar, dass die Stadt gerne Drehgenehmigungen erteilt - und die Brunetti-DVDs verkauft.

An einem Klassiker kam der Vortrag natürlich nicht vorbei: Viscontis "Der Tod in Venedig", in dem die Stadt schemenhaft aus dem Nebel auftaucht, bevor das große, untermahlerte Siechen beginnt. Der Drehort, das legendäre "Hotel des bains", ist heute übrigens eine Baustelle - dort entstehen Luxus-Appartements. Schreckenberg schloss mit einem Ausschnitt aus einem Konzert Ennio Morricones auf dem abendlichen Markusplatz. Venedig wieder mal als Sehnsuchtsort - daran änderte auch die Musik aus "Spiel mir das Lied vom Tod" nichts. tok

Nächster Termin: Montag, 14. Mai (20 Uhr), Filmhaus: "Venetianische Nacht" von Max Reinhardt (1913), begleitet vom Stummfilmmusiker Günter Buchwald.

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