Ungleiche Verhältnisse

Ranglisten sind stets beliebt. Schnell scheint auf einen Blick klar, wer top ist und wer Flop. Beim gestern vorgestellten Bildungsmonitor, der die Systeme der Bundesländer vergleicht, gerät dabei leicht aus dem Blick, dass die Ausgangslagen der Länder sehr verschieden sind.

Das Saarland steht in stärkerem Maße als viele andere Bundesländer vor großen demografischen und - als Haushaltsnotlageland - vor finanziellen Herausforderungen. Auch der soziale Hintergrund der Schüler unterscheidet sich etwa vom wirtschaftlich starken Baden-Württemberg, das im Vergleich deutlich besser abschneidet. Trotz der im Saarland gemachten Fortschritte: Platz 11 von 16 darf nicht das Ende der Anstrengungen sein.

Bildungserfolg hängt auch von den vorhandenen Mitteln ab. Die Ausgaben für Schulen und Hochschulen liegen im Saarland laut Studie unter dem Bundesdurchschnitt. Und das wohlgemerkt, bevor die geplanten Einschnitte der Landesregierung an den Hochschulen greifen. Der letzte Platz bei der Zahl der Absolventen eines ingenieurwissenschaftlichen Studiums sollte die Verantwortlichen alarmieren, gerade in einem Industrieland wie dem Saarland : Die geplante Kooperation von Saar-Uni und HTW bei der Ingenieur-Ausbildung darf nicht zu noch weniger Absolventen führen.

Doch auch die Studie selbst ist zu reflektieren: Was sagt es über die Bildungsqualität in einem Land aus, wenn man die Zahl der Studienanfänger misst? Ziel kann es nicht sein, junge Leute wahllos an die Universitäten zu schicken. Sie müssen einen ihren Fähigkeiten entsprechenden Beruf finden - der auch angesichts des drohenden Fachkräftemangels abseits der Hochschulen liegen darf.

Die gebetsmühlenartige Forderung nach einem stärkeren Ausbau der Ganztagsbetreuung lässt die Handschrift der Macher der Studie erkennen: das Institut der deutschen Wirtschaft und die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft . Es ist ihr berechtigtes Interesse, dadurch die Zahl der Fachkräfte - gerade auch unter den Frauen - zu erhöhen. Ganztagsschulen verbessern auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hier besteht Nachholbedarf. Das Saarland hat sich einen Ausbau der gebundenen Ganztagsschulen mit verpflichtender Nachmittagsbetreuung verordnet und muss diesen Prozess vorantreiben.

Der Blick auf die verschiedenen Bildungssysteme, den der Monitor seit nun elf Jahren vornimmt, ist berechtigt. Doch über bloße Vergleichsgrößen wie Absolventenzahlen zu diskutieren, bringt nichts, wenn nicht auch gleichzeitig über die Qualität gesprochen wird. Entscheidender für den Bildungserfolg sind Inhalte und die Auseinandersetzung mit der Frage, was Schüler lernen sollen - auch um international konkurrenzfähig zu sein.

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