Unerhörte Dynamik auf Fingerzeig

Saarbrücken. Der Dirigierstil des 80-jährigen Maestros Gennadij Roschdestwenskij ist unkonventionell: Wo andere sich abstrampeln, genügt ihm ein Fingerzeig, eine Handbewegung, ein Taktstockstreich oder auch nur ein Blick, ein Lächeln. Nur in dringenden Fällen wird das Metrum angedeutet

Saarbrücken. Der Dirigierstil des 80-jährigen Maestros Gennadij Roschdestwenskij ist unkonventionell: Wo andere sich abstrampeln, genügt ihm ein Fingerzeig, eine Handbewegung, ein Taktstockstreich oder auch nur ein Blick, ein Lächeln. Nur in dringenden Fällen wird das Metrum angedeutet. Ist ein Orchester das nicht gewohnt, fördert das zwar nicht unbedingt die Präzision, dafür aber eine unerhörte Dynamik, gespannten Ausdruck, musikalische Intensität.Sergej Prokofjews "Ouvertüre über hebräische Themen" gewann so bei aller Schlichtheit sensiblen Ausdruck. Mit des Maestros Gattin Viktoria Postnikova am Klavier war danach Sergej Rachmaninows unpopuläres viertes Klavierkonzert zu erleben. Das erste Werk, das er nach langer Schaffenspause im amerikanischen Exil geschrieben hat. Großartig waren die "Handwerks"-Künste der Pianistin, die sie mit ruhiger Geste, differenziertem Anschlag und enormer Treffsicherheit kraftvoll ausbreitete. Auch wenn sie gerne ein wenig voraus eilte, ihre emotionale Disziplin, unterstützt durch die raffinierte Instrumentierung, die originelle Harmonik und die Knappheit der Gedanken ließen das Werk spannungsvoll und in beeindruckender Reife und Klarheit entstehen. Große russische Klavierschule vernahm man dann auch in der Zugabe - dem "Herbstlied" von Peter Tschaikowsky, vom Publikum in atemloser Stille erlauscht und hernach mit Ovationen bedacht.

Die vollständige Ballettmusik "L'oiseau de feu" (Der Feuervogel) von Strawinsky hat ohne Bühnengeschehen sicherlich ein paar Längen. Unter Gennadij Roschdestwenskijs glänzendem Dirigat gelang dennoch, was man eine spannende Geschichte nennen könnte. Klangschöne Soli aus dem aufmerksamen Orchester rundeten hierbei ein Gesamt-Tableau, das an fantasievoller Farbigkeit, weiter Dynamik und lustvoller Rhythmik kaum Wünsche offen ließ. fa

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