Und wieder fällt Obamas Glanz auf Merkel

Berlin · Analyse Ex-Präsident Barack Obama diskutiert morgen mit der Bundeskanzlerin auf dem Kirchentag in Berlin. Die beiden Politiker haben sich schätzen gelernt.

 Im November besuchte Obama offiziell die Kanzlerin in Berlin, jetzt kommt er als Ex-Präsident. Foto: dpa

Im November besuchte Obama offiziell die Kanzlerin in Berlin, jetzt kommt er als Ex-Präsident. Foto: dpa

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Mit der Beziehung von Angela Merkel und Barack Obama ist es wie mit gutem Wein: Je älter, desto besser. Je länger die beiden sich gekannt haben, desto intensiver wurde das Verhältnis. Heute bezeichnen sich die Kanzlerin und der Ex-US-Präsident als Freunde. Sein Besuch beim evangelischen Kirchentag in Berlin morgen passt Merkel ins Kalkül.

Nein, selbstverständlich haben die Kanzlerin und ihre Leute im Hintergrund nicht die Fäden gezogen. Auch ist es purer Zufall, dass die Visite im beginnenden Wahlkampf stattfindet. So versichert es jedenfalls das Kanzleramt. Die Evangelische Kirche habe sich schon vor einem Jahr um Obamas Teilnahme bemüht, Merkel soll ihm die Einladung lediglich übermittelt haben. Klammheimlich ist die Freude allerdings groß über den imposanten Termin. Kann sich die Kanzlerin doch wieder als Frau von Welt in Szene setzen. Am Brandenburger Tor wollen die Protestantin Merkel und der bekennende Christ Obama am Donnerstagvormittag über das Thema "Engagiert Demokratie gestalten" diskutieren. Zehntausende Menschen werden zuhören. Und im TV kann das Spektakel live verfolgt werden.

Obamas Glanz fiel schon immer auch etwas auf Merkel. Sechsmal, so häufig wie kein anderer US-Präsident, kam er nach Deutschland. Bei seinem Abschiedsbesuch in Berlin im November des vergangenen Jahres ließ er sogar die Bemerkung fallen, er würde Merkel unterstützen, "wenn ich Deutscher wäre und wählen dürfte". Damals konnte sich die Kanzlerin ein stolzes Lächeln nicht verkneifen. Merkel wiederum betonte überzeugend, der Abschied falle ihr "schwer". Wissend, wer da im Weißen Haus folgen würde: Donald Trump.

Allenthalben wird das Verhältnis von Angela und Barack - man duzt sich - als exzellent beschrieben. Dabei hatten beide erhebliche Startschwierigkeiten, als er vor acht Jahren Präsident wurde. Was auch mit der Vorgeschichte zu tun hat: Merkel verhinderte 2008 einen Wahlkampfauftritt des Kandidaten Obama vor dem Brandenburg Tor. Er musste an die Siegessäule ausweichen. Der populäre Volkstribun war der kühlen Physikerin mächtig suspekt. Wobei das nichts Ungewöhnliches ist mit Merkel und den Männern. Die Liste der Staatenlenker, mit denen sie erst warm werden musste (und umgekehrt), ist lang.

Zwar hat Obama nach seinem Amtsantritt als 44. US-Präsident um Deutschland keinen Bogen gemacht, dafür aber um Berlin. Das führte seinerzeit zu Spekulationen über ein angespanntes Verhältnis zu Merkel. Obama bestritt dies jedoch. Um alle Irritationen gänzlich zu beseitigen, bereitete er Merkel 2011 den großen Bahnhof. Im Weißen Haus verlieh er ihr die prestigeträchtige "Freiheitsmedaille". Im Juni 2013 bekam er dann endlich auch seinen Auftritt vor dem Brandenburger Tor. Politisch gab es freilich immer wieder Rückschläge im Miteinander. Dazu gehörte insbesondere die NSA-Affäre. Nachdem vor vier Jahren herauskam, dass der US-Geheimdienst Merkels Handy abgehört hatte, sprach die Kanzlerin den berühmten Satz: "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht." Am Telefon ließ sie damals gegenüber dem Amerikaner Dampf ab. Konsequenzen gab es aber keine.

Auf dem Kirchentag treffen Angela und Barack nun wieder aufeinander. Inwieweit es noch die Gelegenheit zu einer eher privaten Begegnung geben wird, ist offen. Denn Merkel fliegt am Donnerstagnachmittag prompt weiter nach Brüssel zum Nato-Gipfel. Dort wartet: Donald Trump.

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