Ukraine blockiert russische Gaslieferungen

Kiew/Brüssel. Trotz der zweiten Einigung auf eine Wiederaufnahme der russischen Lieferungen fließt noch immer kein Gas durch die Ukraine in Richtung Europa. Der russische Gaskonzern Gazprom lieferte gestern morgen erstmals nach einer rund einwöchigen Sperre wieder Erdgas nach Europa. Noch am Vormittag aber blockierte die ukrainische Seite die Zufuhr

Kiew/Brüssel. Trotz der zweiten Einigung auf eine Wiederaufnahme der russischen Lieferungen fließt noch immer kein Gas durch die Ukraine in Richtung Europa. Der russische Gaskonzern Gazprom lieferte gestern morgen erstmals nach einer rund einwöchigen Sperre wieder Erdgas nach Europa. Noch am Vormittag aber blockierte die ukrainische Seite die Zufuhr. Ein Sprecher der ukrainischen Gasgesellschaft Naftogaz begründete dies mit "nicht hinnehmbaren Bedingungen für den Transit", nannte aber keine Details. Die ukrainische Regierungschefin Julia Timoschenko (Foto: afp) nannte in einem Telefonat mit EU-Ratspräsident Mirek Topolanek technische Probleme als Grund. Topolanek empfahl ihr, Kontakt zu Spezialisten des Industrieverbandes Eurogas aufzunehmen. Timoschenko sagte dies zu. In der Ukraine wächst sich der Konflikt zu einer neuerlichen politischen Krise aus: Die mächtige Partei der Regionen und die Kommunistische Partei forderten den Rücktritt der Regierung und ein Amtsenthebungsverfahren gegen den prowestlichen Präsidenten Viktor Juschtschenko. Gazprom-Vizechef Alexander Medwedew sagte, die ukrainische Blockade mache den Transit durch das Nachbarland in Richtung Europa technisch unmöglich. Die Beobachter der Europäischen Union, die nach dem am Montag unterschriebenen Abkommen die Lieferungen des russischen Erdgases für Europa überwachen sollen, erklärten in Brüssel, sie hätten die Lieferungen von "wenig oder keinem Gas" in die Ukraine festgestellt. Die EU-Kommission kritisierte den mangelnden Zugang ihrer Gas-Beobachter zu Kontrollpunkten in Russland und der Ukraine. Den Beobachtern werde weder in Kiew noch in Moskau voller Zugang zu Kontrollräumen in Gas-Verteilungszentren gewährt, erklärte die Kommission in Brüssel. Ein Sprecher der EU-Kommission betonte: "Es gibt keine Entschuldigung mehr" für eine weitere Unterbrechung der Gaslieferungen." Die Slowakei verschob unterdessen ihre Entscheidung über das Wiederanfahren eines umstrittenen Atomreaktors. Das Land stimmte nach den Worten von Regierungschef Robert Fico der Entsendung von EU-Experten zu, die den Reaktor zunächst untersuchen sollen. Wegen des russisch-ukrainischen Gasstreits hatte die Slowakei beschlossen, den erst am 31. Dezember stillgelegten zweiten Reaktor des Atomkraftwerks in Jaslovske Bohunice trotz EU-Verbots wieder anzufahren. Auch Polen will in den kommenden Jahren ein Atomkraftwerk in Betrieb nehmen. Russland liefert etwa ein Viertel des in Europa benötigten Erdgases, rund 80 Prozent davon laufen über Pipelines in der Ukraine. Viele Staaten vor allem auf dem Balkan sind durch den Gasstreit von der Gasversorgung abgeschnitten. Auch für Deutschland ist Russland der wichtigste Energielieferant. afp

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