Weg frei für neue Schulden US-Republikaner ziehen die Spendierhosen an

WASHINGTON Es ist ziemlich genau sieben Jahre her, da erreichte die Tea-Party-Welle den US-Kongress in Washington. Reihenweise zogen Abgeordnete ins Parlament ein, die nur ein Thema zu kennen schienen: das Staatsdefizit. Unter dem Großschuldenmacher Barack Obama, warnten sie, nehme die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben Ausmaße an, die Amerika über kurz oder lang in den Ruin treibe.

Von den rechten Rebellen in Zugzwang gebracht, sprach bald auch die republikanische Parteiprominenz von den griechischen Verhältnissen, die dem Land drohten. Später war es Donald Trump, der im Wahlkampf eine Wende hin zu eiserner Fiskaldisziplin versprach. Gelegentlich prahlte er zwar damit, dass man ihn den „König der Schulden“ nenne, hatte er doch große Teile seines Immobiliengeschäfts über Kredite finanziert. Doch kaum saß er im Weißen Haus, entwarfen seine Budgetspezialisten Prognosen in leuchtenden Farben. Aus den 440 Milliarden Dollar an roten Zahlen, die man im Finanzjahr 2018 noch hinnehmen müsse, schätzten sie, würde 2027 eine schwarze Null. Genauer: 16 Milliarden an Überschüssen.

Alles Schnee von gestern. Tatsächlich stellt sich nun auch Trump hinter ein Haushaltspaket, das in den nächsten zwei Jahren rund 300 Milliarden Dollar an zusätzlichen Kosten verursachen wird. Mehr als die Hälfte des Betrags kommt dem Militär zugute, der Rest fließt – außer in die Aufbauhilfe für Hurrikan-Geschädigte – in Sozialprogramme, die für die Demokraten Priorität haben. Das jährliche Defizit wird dadurch 2019 voraussichtlich auf eine Billion Dollar steigen, das ist mehr als doppelt so viel wie noch vor drei Jahren. Bis 2027, rechnen Experten  vor, dürfte es auf zwei Billionen klettern, falls sich am Trend nichts ändert. Was man bis dahin an Schuldenbergen aufgetürmt habe, werde die Wirtschaftsleistung eines Jahres übersteigen, nämlich bei 105 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Es wäre ein Verhältnis, wie es das Land letztmalig am Ende des Zweiten Weltkriegs verzeichnete.

Der ultra-liberale Republikaner Rand Paul, einer jener Senatoren, die einst auf der Tea-Party-Welle surften, spricht denn auch entrüstet von der Scheinheiligkeit seiner eigenen Parteifreunde. „Sind die Demokraten an der Macht, geben die Republikaner die Konservativen. Sind die Republikaner an der Macht, gibt es keine konservative Partei“, skizziert er die Lage treffend.

Die USA als großes Griechenland, das war einmal das Lieblingsthema der Grand Old Party, wie die Republikaner auch heißen. Als Obama im Oval Office residierte, drohten republikanische Haushalts-Hardliner regelmäßig damit, lieber den Regierungsbetrieb mangels laufender Finanzierung lahmzulegen, als die Obergrenze anzuheben, bis zu der sich der amerikanische Bund verschulden darf. Nun wird die Schuldenobergrenze, im Zuge einer überraschenden Einigung mit den Demokraten, für zwei Jahre ausgesetzt.

Es ist ein bemerkenswerter Kurswechsel, der nicht nur Konservative irritiert. Auch Leute wie Nobelpreisträger Paul Krugman, ein eher linker Ökonom, spricht von den „Betrügereien“ der fiskalischen Falken. Als die Regierung Obamas in großem Stil neue Schulden aufnahm,  habe sie vernünftig gehandelt. Die Wirtschaft habe unter den Folgen der Finanzkrise gelitten, und da Privatbürger weniger konsumierten, musste der Staat einspringen. Ganz anders heute: nahezu Vollbeschäftigung, die Konjunktur in vollem Schwung, Trumps Steuersenkungen wirken wie ein Stimulus, den die Wirtschaft nicht braucht. In guten Zeiten müsse man Defizite abbauen, statt sie zu erhöhen, mahnt Krugman und zitiert seinen Lehrmeister Keynes: „Der Boom, nicht die Flaute, ist die richtige Zeit für Austerität im Finanzressort“.

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