Parti Socialiste Olivier Faure übernimmt einen Job, den keiner will

PARIS Olivier Wer? lautet die Frage, wenn vom neuen Chef der französischen Sozialisten die Rede ist. Den Namen dessen, der am Wochenende den Vorsitz des Parti Socialiste übernehmen soll, kennen die wenigsten. Olivier Faure ist auch keiner, der Schlagzeilen macht. Unauffällig führte der 49-Jährige in den vergangenen Monaten die sozialistische Fraktion in der Nationalversammlung. Es war das Amt eines Konkursverwalters, das der Jurist übernahm, nachdem seine Partei bei den Wahlen im vergangenen Jahr eine historische Niederlage erlitten hatte. Von mehr als 200 auf 31 schrumpfte die Zahl der Abgeordneten.

„Ich stehe an der Spitze einer Sechs-Prozent-Partei“, gibt Faure in Interviews offen zu. Er macht den Job, weil keiner der Parteigrößen für das undankbare Amt zur Verfügung stand. Landwirtschaftsminister Stéphane Le Foll kandidierte zwar, verlor aber bei den internen Wahlen im März deutlich gegen Faure. Der Sohn eines französischen Steuerbeamten und einer vietnamesischen Krankenschwester soll nun aus den Trümmern des PS eine Partei bauen, die wieder auf der politischen Bühne existiert. Dabei stehen von der alten Sozialistischen Partei nicht einmal mehr die Fundamente. Im Herbst müssen die Genossen aus ihrer schicken Zentrale an der Rue Solférino in Paris ausziehen, in der sie 1981 den Sieg von François Mitterrand feierten. Das Stadtpalais wurde zu Geld gemacht, um das drastisch geschrumpfte Budget auszugleichen. Drinnen erinnert ohnehin nur noch die Architektur an die einstigen Glanzzeiten. Das Spitzenpersonal hat sich davon gemacht oder ist zu Emmanuel Macron gewechselt, der selbst einmal Mitglied der Sozialisten war.

Gegen den Präsidenten macht Faure bisher nur leise Opposition. „Herr Macron schaut nur auf die Sieger“, sagte der Abgeordnete, als der Staatschef im Herbst mit harten Worten die Arbeitslosen kritisierte, „die einen Saustall anrichten“. Überhaupt ist Faure kein Mann lauter Töne. „Lieber erklären als vor den Kopf stoßen“, ist seine Devise. Auch als Chef dürfte er sich von dem raubeinigen Jean-Christophe Cambadélis unterscheiden, der den PS bis zum vergangenen Sommer führte.

„Er ist der Typ, der die Teams im Dienste der anderen anleitet und sich nie als Bandenführer gesehen hat“, beschreibt die Zeitung „Libération“ den trocken und uncharismatisch wirkenden Faure, der praktisch seine ganze Karriere in der Partei oder Ministerbüros verbrachte. Schon mit 16 wurde er Mitglied des PS, bevor er zum Studium nach Paris ging. Dort lebte er in einer WG mit Benoît Hamon, der als erfolgloser Präsidentschaftskandidat mit einem Ergebnis von sechs Prozent in die Geschichte der Sozialisten eingeht. Inzwischen hat der Parteilinke seine eigene Bewegung gegründet, die sich dem Linksaußen Jean-Luc Mélenchon und den Kommunisten annähert.

Ein solches Linksbündnis mag Faure, der die sozialdemokratische Linie vertritt, nicht mitmachen. Auch nicht, wenn es um die Unterstützung der streikenden Eisenbahner geht. „Ein Streik ist kein Vereinigungsparteitag der Linken“, sagte der einstige Vertraute von Präsident François Hollande im Radio. Seine Partei will der „Mann der Synthese“ irgendwo zwischen Mélenchon und Macron positionieren, der mit seiner sozialliberalen Bewegung En Marche den Zusammenbruch der Sozialisten herbeiführte. „Er wird mit vernünftiger Stimme sprechen, als linker Reformer, aber in Opposition zu Macron“, sagt sein Vorgänger Cambadélis in der Zeitung „Le Parisien“ voraus. Die Frage ist, ob Faure damit auch gehört wird.

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