Über 100 Millionen Euro Bußgeld

Bonn/Homburg · Zwischen 2006 und 2008 sollen zahlreiche Privatbrauereien und andere Biererzeuger illegal Preisabsprachen vereinbart haben. Nach Hinweisen hat das Bundeskartellamt ermittelt und jetzt Bußgelder von über 100 Millionen Euro verhängt.

. Mit Kartellamtschef Andreas Mundt ist nicht zu spaßen. Wer sich nicht an die Regeln hält und sich mit dem obersten deutschen Wettbewerbshüter anlegt, muss zahlen. Nun hat es zahlreiche Brauereien erwischt. Gestern verhängte das Bundeskartellamt wegen illegaler Preisabsprachen gegen Privatbrauereien und andere Biererzeuger Bußgelder in Höhe von über 100 Millionen Euro.

Zwischen 2006 und 2008 sollen die Hersteller bei einer Fachmesse in Hamburg, bei einem Verbandstreffen in Nordrhein-Westfalen und bei zahlreichen Telefonaten auf Chef-Ebene Preise verabredet und damit die Biertrinker abkassiert haben. Es geht um abgesprochene Preiserhöhungen von einem Euro pro Kasten. Die Branche erwartet weitere Bußgelder gegen Brauereien, die bei den Ermittlungen nicht kooperiert haben. Dass nach dem Paukenschlag die Bierpreise sinken, ist nicht zu erwarten. Dafür geht es der Branche insgesamt zu schlecht, sagen Fachleute.

Die betroffenen Unternehmen decken 50 Prozent des deutschen Biermarktes ab. Alle großen privaten Privatbrauereien von Bitburger bis Krombacher, von Warsteiner bis Veltins sind dabei. Gegen zwei große Braueikonzerne laufen die Ermittlungen noch. Angaben aus der Branche zufolge soll es sich um die Radeberger-Gruppe (Oetker) und Carlsberg (Holsten) handeln. Carlsberg mit Sitz in Kopenhagen ist der viertgrößte Brauereikonzern der Welt hinter Anheuser-Busch, SAB Miller und Heineken. Im deutschsprachigen Raum ist der Konzern durch die Marken Holsten, Astra, Lübzer, Feldschlösschen und Hannen Alt vertreten. Carlsberg ist nicht zu verwechseln mit der Karlsberg Brauerei in Homburg. Deren geschäftsführender Gesellschafter Christian Weber bestätigte gegenüber unserer Zeitung, gegen Karlsberg werde nicht ermittelt. "Aber ein solcher Kartell-Skandal ist trotzdem schädlich, weil eine ganze Branche unter Betrugsverdacht gerät", so Weber.

Der weltgrößte Bierkonzern Anheuser-Bush Inbev (Becks) hatte den Stein ins Rollen gebracht, nachdem das Unternehmen - so seine Darstellung - Verstöße gegen interne Verhaltensregeln aufgedeckt hatte. Becks war also selbst beteiligt, geht aber als Kronzeuge ohne Geldstrafe aus dem Verfahren heraus. Der Wettbewerb in der Bierbranche ist knallhart. Seit Jahren geht der Absatz zurück und die Margen sind niedrig. Immer weniger partyfreudige 18- bis 25-Jährige ziehen durch die Kneipen. Zugleich legen immer mehr Menschen Wert auf bewusste Ernährung und sagen Nein zum Alkohol. Als die Branche zwischen 2006 und 2008 Preisdeals ausheckte, lag eine längere Durststrecke ohne größere Erhöhung hinter ihr. Entsprechend groß war die Nervosität, so ein Insider.

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