Handball-Saarlandliga „Spielergehälter? Gibt es bei uns nicht“

Niederwürzbach · Den TV Niederwürzbach hat die Corona-Krise nicht so hart getroffen wie manchen Konkurrenten in der Handball-Saarlandliga. Auch weil der Club, bei dem Trainer Christian Schöller verlängert hat, weniger auf Geld – und mehr auf die Gemeinschaft setzt.

 Nils Lauer (am Ball) spielt trotz mehrerer Angebote auch in der nächsten Saison für den Handball-Saarlandligisten TV Niederwürzbach. Der war mit der abgelaufenen Runde nicht ganz zufrieden.

Nils Lauer (am Ball) spielt trotz mehrerer Angebote auch in der nächsten Saison für den Handball-Saarlandligisten TV Niederwürzbach. Der war mit der abgelaufenen Runde nicht ganz zufrieden.

Foto: Klos Horst/Horst Klos (Klosfoto)

Arno Gebhardt sieht sich bestätigt. Die Corona-Krise sei zwar auch am TV Niederwürzbach nicht spurlos vorbeigezogen. Aber ganz so hart wie andere Vereine habe es den TVN in finanzieller Hinsicht nicht erwischt, sagt der Handball-Abteilungsleiter. „Wir müssen den Gürtel enger schnallen, klar. Aber unser Vorteil ist, dass es bei uns keine Spielergehälter gibt“, erklärt Gebhardt. „Und solange ich im Vorstand etwas zu sagen habe, wird das auch so bleiben“, ergänzt er.

Im Gegensatz zu anderen Saarlandligisten, die zum Teil Spieler aus dem Ausland, mit dem Versprechen auf finanzielle Unterstützung oder einer Anstellung, nach Deutschland lotsen, dreht man den Taler beim TVN lieber zweimal um, bevor man ihn ausgibt. Dementsprechend bescheiden klang das Saisonziel Klassenerhalt, das der Club vor der letzten Runde ausgegeben hatte.

Den Nichtabstieg hätten die Niederwürzbacher auch dann geschafft, wenn der Saarländische Handballverband nicht erklärt hätte, dass es wegen Corona in dieser Saison keine Absteiger geben wird. Als die Saison abgebrochen wurde, lag der TVN auf Platz acht im Tabellenmittelfeld. Ganz zufrieden war Gebhardt dann aber trotz des erreichten Zieles nicht. „Das war auch die Mannschaft nicht“, sagt der Abteilungsleiter.

Viele Faktoren, die ein besseres Abschneiden verhinderten, konnte der Club freilich kaum beeinflussen. Denn die Spielzeit stand für Niederwürzbach von Beginn an unter keinem guten Stern. Die komplette Vorbereitung fand ohne den erkrankten Trainer Christian Schöller statt. Der Coach der zweiten Mannschaft und der Physiotherapeut sprangen in die Bresche. „Es ist großartig, dass sie sich dazu bereit erklärt haben. Aber das Training fand unregelmäßig statt, so wie die beiden es gerade zeitlich einschieben konnten. Optimal war es nicht“, sagt Gebhardt und seufzt.

Dazu gesellte sich das Verletzungspech, das dem TVN schon seit mehreren Spielzeiten wie ein treuer Begleiter an den Hacken klebt. Maurice Brill und Yannick Pressmann fielen lange verletzt aus und Abwehrchef Markus Eschenbaum laborierte an Problemen an der Achillessehne. „Wir sind in der Hälfte der Spiele ohne Mittelblock aufgelaufen“, hadert Gebhardt. Die Konsequenz: Die Abwehr der Niederwürzbacher, die in der Vorsaison zu den besten der Liga zählte, kassierte im Schnitt 30 Gegentore pro Spiel.

Im Januar zog sich dann auch noch Philipp Leffer in der Partie gegen die HSG TVA/ATSV Saarbrücken eine schwere Knieverletzung zu. Ein Notarzteinsatz und eine fast 30-minütige Unterbrechung der Begegnung waren die Folge.

Trotz der Hiobsbotschaft zeigte gerade jenes Spiel aber auch, zu was der TVN trotz aller Verletzungen zu leisten imstande gewesen wäre. Denn die Niederwürzbacher, die zum Zeitpunkt der Unterbrechung zurücklagen, kämpften das Spitzenteam aus Saarbrücken anschließend leidenschaftlich nieder und gewannen noch mit 35:34. „Das war das emotional brutalste Spiel von allen“, sagt Gebhardt, „wie das Team die Partie für Philipp gewonnen hat – davor kann man nur den Hut ziehen.“

Doch in vielen anderen Spielen lief es für Niederwürzbach auch abseits der Verletzungs- und Vorbereitungsproblematik nicht rund. Vor allem zu Hause. Nur sechs seiner elf Heimspiele konnte der Club gewinnen. Zu wenig, findet Gebhardt, der von „starken Leistungsschwankungen“ und „fehlendem Rückzugsverhalten“ spricht. „Kein Gegner darf gerne zu uns kommen. Wir müssen wieder eine Festung werden. Wenn wir ein Heimspiel verlieren, wird man mich danach nicht pfeifend durch die Würzbachhalle laufen sehen – egal wie der Gegner heißt oder wie gut er war. Die Einstellung, alle Heimspiele gewinnen zu wollen, müssen wir wieder verinnerlichen“, fordert er.

Der kommenden Saison blickt Gebhardt dennoch optimistisch entgegen. Unter anderem weil Max Bölke wieder zur Mannschaft stoßen wird. Der treffsicherste TVN-Torjäger der vorletzten Saison – der zudem eine elementare Rolle im Mittelblock spielt – war in der abgebrochenen Spielzeit aus beruflichen Gründen kaum zum Einsatz gekommen. Auch Trainer Schöller bleibt an Bord. „Er ist wieder voll da und brennt darauf, anzugreifen“, verspricht Gebhardt. Zudem konnte der Verein das große Talent Nils Lauer trotz Angeboten aus der Oberliga weiter an sich binden. Der 21-Jährige ist Jugendtrainer im Verein und leitet die Handball-AG der Grundschule in Niederwürzbach. „Er hat Vertrauen in den Trainer, fühlt sich wohl in der Würzbacher Handballfamilie und sieht, dass die Entwicklung hier Jahr für Jahr vorangeht. So können wir solch einen Spieler länger halten, als es woanders möglich wäre“, meint Gebhardt.

Die Niederwürzbacher verlassen wird nur ein Spieler, Kevin König, der zu seinem Heimatverein Waldmohr zurückkehrt. Dafür steht der TVN in Kontakt mit einem jungen Linkshänder, die Verpflichtung sei aber noch nicht abgeschlossen, sagt Gebhardt. Ob die Routiniers wie die Brüder David und Johannes Leffer in der nächsten Saison wieder fest zum Kader gehören oder zumindest wie in der Vergangenheit als „Feuerwehr“ bereitstehen, kläre sich demnächst. „Wegen Corona war hier drei Monate lang Diaspora. Da kamen persönliche Gespräche zu kurz. Ich gehe aber davon aus, dass beide nicht Nein sagen werden, wenn Not am Mann ist. Die Entscheidung liegt aber ganz bei ihnen. Bei Johannes als Co-Kapitän ja sowieso“, sagt Gebhardt.

Wann die Mannschaft wieder ins Hallentraining einsteigen kann, mag er nicht prophezeien. Ein Hygienekonzept habe der Verein vorgelegt, dieses müsse aber noch vom Gesundheitsamt abgesegnet werden. Bis zum 3. August sei die Würzbachhalle offiziell ohnehin noch geschlossen, der Verein hoffe aber, dass er die Spielstätte früher wieder nutzen darf. Denn im Gespräch mit Hans-Gerd Fries, dem Vizepräsident Spieltechnik des Saarländischen Handballverbandes, habe Gebhardt erfahren, dass die neue Saarlandliga-Saison am 3. Oktober beginnen solle. „Dann wird es mit der Vorbereitung schon knapp. Wir würden vor allem gerne Bescheid wissen, um den Saisonauftakt planen zu können“, sagt Gebhardt. Im Freien hat die Mannschaft dagegen schon am letzten Donnerstag ihr erstes lockeres Training absolviert.

Das Minimalziel wird auch in der kommenden Spielzeit Klassenerhalt heißen. Das will der Verein erneut mit überschaubaren finanziellen Mitteln erreichen. „Am wichtigsten ist, dass wir in der Nachwuchsarbeit unsere Hausaufgaben machen und Spieler selbst entwickeln. Etwas andere bleibt uns auch nicht übrig“, sagt Gebhardt. Denn auch wenn Corona den Club nicht so hart getroffen haben mag wie andere – die Einnahmen aus den Heimspielen fehlen. Insbesondere die aus dem zuschauerträchtigen Derby gegen die SG Ommersheim-Assweiler, das am vorletzten Spieltag hätte stattfinden sollen. Auch das ausgefallene Fest „Musik trifft Sport“, das der TVN jedes Jahr mit dem Tennisclub und dem Musikverein veranstaltet, macht sich in der Kasse bemerkbar. Und ob die Kirmes am 31. August stattfinden kann, ist ebenfalls fraglich.

Grundsätzlich komme der Club aber klar, versichert Gebhardt. Damit das so bleibt, will der TVN auch in Zukunft weniger auf Geld – und mehr auf die Gemeinschaft setzen. Auf die große Niederwürzbacher Handballfamilie eben.